Die Entwicklung der Corona-Zahlen macht den Behörden Sorgen. Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheitswesen schätzt die epidemiologische Lage als «ungünstig und besorgniserregend» ein, auch wenn sie mit vielen Unwägbarkeiten verbunden sei, wie er am Dienstag vor den Medien erklärte.
Man könne aber durchaus von einer vierten Welle sprechen. Insgesamt habe das Infektionsgeschehen stark an Fahrt aufgenommen, mit einer weiteren Verschlechterung der Lage sei zu rechnen. Es besteht ein «bedeutendes Risiko für eine starke Infektionswelle», so Mathys.
Offen ist, wie stark sich die Welle noch auftürmen wird. «In vier bis sechs Wochen könnten wir in einer Situation sein, in der die Spitäler am Anschlag sind», sagte er weiter. Es gebe aber auch Faktoren, die dagegen sprechen würden. So treiben derzeit vor allem Ferienrückkehrer aus Südosteuropa die Infektionswelle an. Offen ist, ob es sich bloss um einen saisonalen Ferien-Effekt handelt.
Zertifikatspflicht ausweiten?
Klar ist: Die Zahl der Spitaleinweisungen steigt. Die Auslastung der Intensivstationen ist hoch. Der Ruf nach einer Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht auf Restaurants oder kleinere Veranstaltungen wird lauter. Auch der Bundesrat wird sich am Mittwoch mit der aktuellen Corona-Situation auseinandersetzen müssen.
Die grosse Kunst sei es, den richtigen Zeitpunkt für Massnahmen zu erwischen, so Mathys. Sei es zu früh, sei die Kritik gross. Sei es zu spät, könne man in eine Situation kommen, «die wir definitiv nicht wollen» – eine Situation, in welcher die Kapazitäten überlastet würden. «Ich beneide den Bundesrat nicht, diese Entscheide treffen zu müssen», sagt Mathys. «Gerade weil wir uns in einer Lage mit vielen Fragezeichen befinden.»
«Epidemie der Ungeimpften»
Klar ist auch: Es handelt sich nun um eine «Epidemie der Ungeimpften», wie Taskforce-Vizepräsident Urs Karrer vom Spital Winterthur ausführte. Das führe beim Gesundheitspersonal zu einer «gewisse Frustration, weil neun von zehn Spitalpatienten mit Covid-19 nicht geimpft sind». Trotzdem gebe das Personal sein Bestes.
Auch er warnt vor einer drohenden Überlastung der Spitäler. «Die Welle kommt rund zwei Monate früher, und die Patienten sind bedeutend jünger», zieht Karrer den Vergleich zum Vorjahr. Die meisten Patienten sind 40- bis 50-Jährige, jedoch dicht gefolgt von 20- bis 31-Jährigen. «Diese Entwicklung muss uns zu denken geben.» Und er hält fest: «Klatschen ist gut. Impfen ist besser.»
Kinder ab 12 impfen
Diesbezüglich gibt es Änderungen: Die Impfempfehlungen werden angepasst. Das Bundesamt für Gesundheit und die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif) empfehlen allen Jugendlichen ab 12 Jahren, sich impfen zu lassen.
Die Nebenwirkungen seien bei den Impfstoffen bei Jugendlichen ähnlich wie bei den Erwachsenen – dies zeigten die jüngsten Studien, erklärte Ekif-Präsident Christoph Berger. Zudem wird nun auch der Moderna-Impfstoff für Jugendliche zur Anwendung empfohlen.