Die SVP hat ein neues Papier verfasst zu einem ihren Lieblingsthemen: der Asylpolitik. Dafür lud sie die Medien am Dienstag zur Präsentation ein. Statt auf ihre eigenen Ideen zu fokussieren, drosch die Partei aber zuerst auf den zuständigen Asylminister Beat Jans (60) ein, der nun 200 Tage im Amt ist.
«Die Bilanz von 200 Tagen Bundesrat Jans ist eine Chronologie des Versagens», hiess es schon in der Einladung an die Medien. Auch vor Ort liess es sich SVP-Parteipräsident Marcel Dettling (43) nicht nehmen, markige Worte zu wählen: «Jans führt das Asylchaos seiner Vorgängerin und Parteikollegin Elisabeth Baume-Schneider nahtlos weiter.»
Die SVP hatte extra nach Giffers FR in die Nähe des Bundesasylzentrums eingeladen. Auch wenn Parteimitglieder vor Ort davor warnten, dass die Ortschaft wegen des Asylzentrums unter vollen Bussen und Kriminalität leide, war vor Ort vor allem ein idyllischer Sommertag zu erleben. Der lokale Bus war an dem Tag zudem so gut wie leer.
«Reiner Marketing-Gag»
Im neuen Positionspapier legten die beiden SVP-Nationalräte Gregor Rutz (51) und Pascal Schmid (47) auf den ersten 15 Seiten dar, was Jans alles falsch mache. So kritisierten sie, dass sein angekündigtes 24-Stunden-Verfahren für Asylsuchende aus Marokko, Tunesien oder Algerien deutlich länger daure, als dies der Namen vermuten lasse. Dies sei ein «reiner Marketing-Gag», kritisierte etwa Schmid.
Weiter reklamiert Schmid, dass Jans' Departement gerne behaupte, mit dem Schnell-Verfahren habe sich die Anzahl Gesuche reduziert. Das sei nicht wahr. «Im Mai 2024 gab es mehr Asylgesuche aus den drei Maghreb-Staaten als im Mai 2023», so der SVPler.
Auf 15 weiteren Seiten legt die Partei ihre eigene Sicht für das Asylwesen dar. Dabei fällt auf, dass diese in einem gemässigteren Ton geäussert werden, als sonst üblich. «Positionspapiere müssen sachlich sein», sagt Verfasser Rutz darauf angesprochen gegenüber Blick.
SP kritisiert Angriff auf Jans
Mit ihren radikalen Forderungen sorgte die SVP in der Vergangenheit besonders bei den Linken immer wieder für Kopfschütteln. Etwa wenn sie fordert, dass nur noch Ukrainer aufgenommen werden dürfen, wenn sie aus russisch besetzten oder umkämpften Regionen stammen. Oder als sie forderte, man solle Asylverfahren nach Ruanda auslagern. Diese Forderungen kommen im neusten Papier so explizit nicht vor. Krebst also die SVP vor ihren provokanten Forderungen zurück? Nein, sagt Rutz. Man habe im neuen Papier halt nicht für alles Platz gehabt.
SP-Präsident Cédric Wermuth (38) kritisierte die SVP auf X trotzdem hart dafür, dass sie Jans angriffen, der «für menschliche Asylpolitik» einstehe.
Doch wenn die SVP so gut weiss, wie die Probleme im Asylwesen anzupacken sind, warum übernimmt sie nicht gleich das Dossier? Dazu hätte die Partei in der Vergangenheit mehrmals die Möglichkeit gehabt. «Sie wissen, was mit Christoph Blocher passiert ist, der genau das gemacht hat», sagt Dettling darauf angesprochen und verwies auf Blochers Abwahl.
Aber man sei durchaus interessiert, dass jemand übernehme, der das Departement «aufräume», so der SVP-Parteiboss. Dies allenfalls nach Guy Parmelins (64) Rücktritt, liess er durchschimmern. Als dessen Nachfolgerin wird bereits die Genfer Nationalrätin Céline Amaudruz (45) gehandelt. Aber ob sie Lust darauf hat, das heisse Eisen anzurühren?