Auf einen Blick
- Bundesrat erhöht Druck auf arbeitslose Ukrainerinnen und Ukrainer
- Geplant ist eine Anpassung der Verordnung über die Integration von Schutzsuchenden
- Wer sich nicht integrieren lässt, soll zum Beispiel weniger Sozialhilfe erhalten
- Kantone und Gemeinden sind für die Umsetzung der Sanktionen zuständig
Der Bundesrat will Druck auf arbeitslose Ukrainerinnen ausüben, so dass diese einen Job annehmen. Ende September kündigte die Regierung an, dass geflüchtete Ukrainer «zur Teilnahme an Integrationsmassnahmen verpflichtet werden sollen». Wie Blick weiss, bedeutet dies konkret: Den Ukrainern drohen Sanktionen, wenn sie sich nicht integrieren – darunter Kürzungen der Sozialhilfe.
Bereits heute wären Strafen möglich, wenn sich eine Ukrainerin zum Beispiel weigert, einen Sprachkurs zu besuchen. Denn für Schutzsuchende gelten grundsätzlich dieselben Bestimmungen wie für alle Sozialhilfebezüger, darunter auch Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Sie können gemäss Integrationsverordnung gemassregelt werden. Allerdings sind Schutzsuchende in dieser Verordnung nicht explizit erwähnt. Und genau das will der Bundesrat nun nachholen. Einen entsprechenden Auftrag hat er dem Justizdepartement von Beat Jans (60) Ende September erteilt.
Die geplante Anpassung der Verordnung sendet ein klares Signal an Kantone und Gemeinden, härter durchzugreifen. Schliesslich sind sie für die Umsetzung der Integrationsmassnahmen zuständig. Und offenbar vertritt der Bund die Ansicht, dass die Kantone zu selten Sanktionen nutzen, um Ukrainer zur Arbeitsaufnahme zu bewegen. Bereits Anfang Jahr hat der Bund deshalb die kantonalen Behörden in einem Rundschreiben daran erinnert, dass Sozialhilfeleistungen bei Ukrainern gekappt werden können. Die nun angestrebte Verordnungsänderung soll den Wunsch aus Bundesbern nach einer härteren Gangart bei der Integration nochmals deutlich unterstreichen.
Maximal 15 Prozent weniger Sozialhilfe
Wie viel Sozialhilfe eine Person mit Status S erhält, hängt vom jeweiligen Kanton oder sogar von der Gemeinde ab und wird individuell berechnet. Im Kanton Bern erhält eine Ukrainerin beispielsweise 382 Franken pro Monat, wenn sie in einer Kollektivunterkunft wohnt. Lebt sie hingegen in einer individuellen Unterkunft, gibt es 696 Franken. Im Vergleich zu regulären Flüchtlingen erhalten Schutzsuchende deutlich weniger Asylsozialhilfe. Die Schweizer Konferenz für Sozialhilfe (Skos) empfiehlt deshalb, als Sanktion bei Ukrainern maximal 15 Prozent des Grundbedarfs zu streichen. Bei 382 Franken wären dies monatlich 57 Franken weniger.
Derzeit arbeiten in der Schweiz so wenige Ukrainerinnen wie fast nirgends in Europa. Knapp jede dritte Person mit Status S hat einen Job. Zum Vergleich: In Dänemark sind sechs von zehn Ukrainern erwerbstätig. Der Bundesrat hat sich zum Ziel gesetzt, bis Ende Jahr die Erwerbsquote auf 40 Prozent zu erhöhen. Dadurch sollen die Sozialausgaben reduziert und die klamme Bundeskasse entlastet werden. Bis 2028 plant der Bundesrat Einsparungen von rund 700 Millionen Franken im Asylbereich.
«Der Bund erwartet, dass sie eine Arbeit suchen»
Nebst angedrohten Sanktionen sind weitere Massnahmen geplant. Aktuell müssen Ukrainer ihren Arbeitsvertrag vom Kanton bewilligen lassen. Künftig soll eine Meldepflicht genügen. Ausserdem will der Bund Kantonswechsel erleichtern, falls Schutzsuchende anderweitig Arbeit finden.
Zudem hat Jans in seinem Departement eine neue Stelle geschaffen. Im Mai ernannte er Adrian Gerber (56) zum obersten Jobvermittler für Ukrainer. Sein Auftrag lautet, Arbeitgeber und Schutzsuchende zusammenzubringen. «Die Firmen stehen jetzt in der Verantwortung und müssen Ukrainerinnen eine Chance geben», sagt Gerber zu Blick. Zugleich richtet er sich an die Ukrainer: «Der Bund erwartet, dass sie eine Arbeit suchen.»
Die Verordnung betreffend Sanktionierung von Ukrainern wird derzeit durch das Justizdepartement überarbeitet. Nach einer Ämterkonsultation dürfte die Vernehmlassung voraussichtlich Anfang nächsten Jahres beginnen.