Kritik von den Kantonen
Jetzt gerät auch Röstis Biber-Jagd unter Beschuss

Umweltminister Albert Rösti wurde für seine Jagdpläne auf den Wolf kritisiert. Nun stellen sich die Kantone auch gegen sein Vorhaben, den Biber präventiv zu schiessen. Sogar Biber-Hochburgen wie Bern und Thurgau wehren sich.
Publiziert: 11.07.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2024 um 09:24 Uhr
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Knapp 5000 Biber leben in der Schweiz.
Foto: Keystone
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Der Biber ist ein Büezer. Er baut Tunnel, Brücken, Mauern. Einigen ist er allerdings etwas gar zu fleissig. Er untergräbt das Schweizer Mittelland und legt sich mit den Bauern an. Diese klagen über verstopfte Entwässerungssysteme, überflutete Äcker oder angeknabberte Zuckerrüben. 

Vor hundert Jahren wurde der Biber in der Schweiz vom Menschen fast komplett ausgerottet – gejagt wegen seines beliebten Fells und Fleisches. Der Nager wurde später erfolgreich wieder angesiedelt. Mittlerweile leben fast 5000 Exemplare in der Schweiz. 

Jetzt muss der Biber erneut vor den hiesigen Jägern bibbern. Auch er ist ins Visier von Umweltminister Albert Rösti (56) geraten. Dieser will nicht nur Wölfe, sondern auch Biber zur Jagd freigeben. So steht es in der Verordnung, die er bis vergangenen Freitag in Vernehmlassung schickte. Kantone könnten neu Abschussbewilligungen für einzelne Biber erteilen. Und das – wie beim Wolf – präventiv.

Biber-Hochburgen stellen sich hinter den Nager

Für den Biber gibt es aber Hoffnung: Die Kantone wehren sich gegen Röstis Abschusspläne. Etwa der Kanton Thurgau, obwohl dieser als Biber-Hochburg gilt. Die Voraussetzungen für einen Biberabschuss seien zu tief angesetzt, so die Kritik. Es bestehe das Risiko, dass praktisch jeder Biber zu einem «Problemtier» werde und die Abschusspläne sogar zu biberfreien Gebieten führen würden.

Das Biber-Mekka Bern schlägt ähnliche Töne an. Die blosse Besiedlung von künstlichen Gewässern könnte gemäss der Verordnung schon als Abschussgrund gewertet werden. Zudem seien präventive Abschüsse keine nachhaltige Verwendung von Steuergeldern, heisst es aus dem Kanton. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich der nächste Biber ansiedelt und für die gleichen Probleme sorge. 

Bund zahlt weniger für Prävention

Weiter sei es «nicht nachvollziehbar», warum der Bund bei Biberschäden weniger als bei Wolfsschäden zahlen will, moniert der Kanton Thurgau. Während sich der Bund nämlich mit 80 Prozent an den Kosten für Wolfsschäden und Präventionsmassnahmen beteiligt, will der beim Biber höchstens ein Drittel der Kosten übernehmen. Das beklagen auch andere Kantone, etwa Zürich, Solothurn, Zug oder Aargau.

Röstis Wolfsjagd unter Beschuss

Was dem Biber nun droht, ist beim Wolf bereits Tatsache. Über 50 Wölfe haben Wildhüter und Jäger vergangenen Winter erlegt. Erstmals war es ihnen erlaubt, ganze Rudel auch präventiv abzuschiessen – also noch bevor sie Schafe gerissen haben.

Umweltminister Albert Rösti (56) hatte die Wölfe zum Abschuss freigegeben, obwohl die Stimmbevölkerung vor vier Jahren eine Lockerung des Wolfsschutzes abgelehnt hatte. Er führte die umstrittene Präventivjagd kurzerhand auf dem Verordnungsweg ein – das heisst, ohne Mitspracherecht von Parlament und Bevölkerung. Mit der Begründung, dass man aufgrund des exponentiellen Wachstums des Wolfsbestands dringend handeln müsse. Nicht einmal eine ordentliche Vernehmlassung wurde durchgeführt, bei der Kantone, Parteien und Verbände die Gelegenheit haben, ihre Meinung zu einem Vorhaben zu äussern.

Erst jetzt holte der Bundesrat dies nach. Und die Reaktionen fallen heftig aus: Zahlreiche Kantone wehren sich gegen den präventiven Abschuss von Wolfsrudeln. Sie stellen sich die Frage, ob die Lockerung nicht gegen Gesetz und Verfassung verstösst. Das Bundesamt für Justiz hatte Rösti diesbezüglich gewarnt. Doch dieser ignorierte den Warnschuss der Bundesjuristen.

Angesichts dessen ist unwahrscheinlich, dass sich Rösti von der Kritik nun umstimmen lässt. So oder so steht fest, dass auch im kommenden Winter wieder Rudel – auf Gesuch der Kantone hin – geschossen werden dürfen. Eine allfällige Änderung der Abschussregeln tritt erst danach in Kraft.

Was dem Biber nun droht, ist beim Wolf bereits Tatsache. Über 50 Wölfe haben Wildhüter und Jäger vergangenen Winter erlegt. Erstmals war es ihnen erlaubt, ganze Rudel auch präventiv abzuschiessen – also noch bevor sie Schafe gerissen haben.

Umweltminister Albert Rösti (56) hatte die Wölfe zum Abschuss freigegeben, obwohl die Stimmbevölkerung vor vier Jahren eine Lockerung des Wolfsschutzes abgelehnt hatte. Er führte die umstrittene Präventivjagd kurzerhand auf dem Verordnungsweg ein – das heisst, ohne Mitspracherecht von Parlament und Bevölkerung. Mit der Begründung, dass man aufgrund des exponentiellen Wachstums des Wolfsbestands dringend handeln müsse. Nicht einmal eine ordentliche Vernehmlassung wurde durchgeführt, bei der Kantone, Parteien und Verbände die Gelegenheit haben, ihre Meinung zu einem Vorhaben zu äussern.

Erst jetzt holte der Bundesrat dies nach. Und die Reaktionen fallen heftig aus: Zahlreiche Kantone wehren sich gegen den präventiven Abschuss von Wolfsrudeln. Sie stellen sich die Frage, ob die Lockerung nicht gegen Gesetz und Verfassung verstösst. Das Bundesamt für Justiz hatte Rösti diesbezüglich gewarnt. Doch dieser ignorierte den Warnschuss der Bundesjuristen.

Angesichts dessen ist unwahrscheinlich, dass sich Rösti von der Kritik nun umstimmen lässt. So oder so steht fest, dass auch im kommenden Winter wieder Rudel – auf Gesuch der Kantone hin – geschossen werden dürfen. Eine allfällige Änderung der Abschussregeln tritt erst danach in Kraft.

Die Umweltorganisation Pro Natura befürchtet ebenfalls, dass es vermehrt zu präventiven Abschüssen kommen könne. «Wenn es die günstigste und schnellste Massnahme ist, werden Präventionsmassnahmen rasch für ‹unzumutbar› befunden und die Biber halt geschossen», sagt Sara Wehrli, Jagdverantwortliche bei Pro Natura. Weiter liste die Verordnung klare Schadenstatbestände des Bibers auf, kritisiert Wehrli. Das könne dazu führen, dass Geschädigte dies als politischen Auftrag interpretieren und schneller einmal einen Abschuss verlangen würden – etwa wenn die Drainagen von Landwirtschaftsland drohten, gestaut zu werden.

Eingriff in Autonomie der Kantone

Selbst Kantone, die dem Biber nicht den Rücken stärken, sind unzufrieden mit der neuen Jagdverordnung. Die Aufgaben der Kantone würden zunehmend von bundesrechtlich geschützten Arten dominiert, ohne dass es dafür vonseiten des Bundes Finanzhilfen gebe, heisst es aus Luzern. Insgesamt greife die Verordnungsänderung zu stark in die Autonomie der Kantone ein.

Ob Rösti auf die Kritik der Kantone reagiert, wird sich zeigen. Zu befürchten hat der Umweltminister wenig: Gegen eine Verordnung kann nämlich kein Referendum ergriffen werden. Er führt die präventive Biber-Jagd also sozusagen durch die Hintertür ein – für die Biber-Jagd gab es keinen Auftrag des Parlaments. Und vor vier Jahren hat das Stimmvolk ein neues Jagdgesetz abgelehnt. Das Parlament hatte Biber-Abschüsse damals sogar aus dem Gesetz gestrichen, aus Angst, das Volk könnte die Vorlage deswegen kippen.

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