Isabelle Chevalleys (48) Auftritt an der Medienkonferenz Ende September erinnerte an den Vortrag einer Schülerin, die sich ganz besonders ins Zeug legte. Die Waadtländer GLP-Nationalrätin weibelte an der Seite der Parteichefs von SVP, FDP und CVP für ein Nein zur Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) – allerdings nicht bloss mit Argumenten, sondern inklusive Diashow und kurzer Videovorführung. Gekleidet in einem afrikanischen Gewand, präsentierte sie auch ein Geschenk aus Burkina Faso.
Chevalley, die Wahl-Afrikanerin
Das Land in Westafrika sei ihr «pays d'adoption», ihre Wahlheimat, sagte Chevalley. Mehrmals pro Jahr reist sie dorthin. Die Wahl-Afrikanerin ist überzeugt: Ein Ja zur Kovi würde den Menschen in Entwicklungsländern nicht helfen, sondern vielmehr schaden. Die Initiative sei «neokolonialistisch», kritisiert Chevalley.
Ihr persönlicher Hintergrund machte die Waadtländerin zum Trumpf des Nein-Lagers. Doch nun, ausgerechnet im Schlussspurt des Abstimmungskampfes, wirft eine Recherche des Westschweizer Onlineportals Heidi.news ein schiefes Licht auf die Politikerin und ihre Beziehungen zu Burkina Faso.
Offizielle Beraterin des Parlamentspräsidenten
So engagiert sich Chevalley nicht bloss ehrenamtlich im Land, sondern pflegt auch enge Kontakte zu hohen Politikern der Regierungspartei. Sie verfügt sogar über einen Diplomatenpass des afrikanischen Staats und ist laut eigenen Aussagen offiziell Beraterin des Parlamentspräsidenten.
Fotos zeigen, dass sich die Grünliberale in Burkina Faso für Wahlkampfauftritte und -aktionen von Politikern einspannen lässt. Im Gegenzug unterstützen die Freunde aus Burkina Faso die Schweizerin bei der Nein-Kampagne zur Kovi: Der burkinische Handelsminister reiste vergangene Woche extra von Ouagadougou nach Bern, um an der Seite Chevalleys gegen die Initiative zu kämpfen. Der Minister wehrte sich insbesondere gegen die Kritik, dass auf den Baumwollfeldern im Land Kinderarbeit verbreitet sei. Er ist selbst Baumwollproduzent.
Handelt es sich um einen Gesetzesverstoss?
Chevalleys Engagement wirft Fragen auf. Darf eine Nationalrätin offizielle Beraterin eines ausländischen Politikers und im Besitz eines ausländischen Diplomatenpasses sein? Hätte sie die Tätigkeit offenlegen müssen?
Im Parlamentsgesetz findet man hierzu keine eindeutige Antwort. Festgehalten ist, dass Ratsmitgliedern «die Ausübung einer amtlichen Funktion für einen ausländischen Staat sowie die Annahme von Titeln und Orden ausländischer Behörden verboten» sind.
Chevalley verteidigt sich
Nun muss sich die Spitze des Nationalrats mit dieser Frage befassen. SP-Nationalrat Fabian Molina (30) hat Nationalratspräsidentin Isabelle Moret (49) aufgefordert, den Sachverhalt zu untersuchen. Das Büro des Rats werde sich an seiner nächsten Sitzung am 30. November mit der Frage befassen, teilen die Parlamentsdienste auf Anfrage von BLICK mit. Chevalley dürfte angehört werden, bevor ein Entscheid gefällt wird.
Die GLP-Nationalrätin selbst sieht in ihrem Engagement nichts, was verwerflich oder gar verboten wäre. In einer öffentlichen Stellungnahme schreibt sie, die Beratertätigkeit sei «absolut frei von Verpflichtungen» und «das Ergebnis einer Freundschaft». Wenn sie auf einer Seite stehe, «dann auf der Seite der Realität vor Ort». (lha)
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