Korps kämpfen mit Personalproblemen
ESC macht der Polizei Sorgen

Es gibt immer mehr Polizisten in der Schweiz – und doch bestehen vielerorts Engpässe und Sicherheitsprobleme. Und die Probleme dürften noch zunehmen.
Publiziert: 10:24 Uhr
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Aktualisiert: 10:43 Uhr
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Nach dem ESC-Sieg von Nemo findet der Mega-Event Mitte Mai in Basel statt.
Foto: IMAGO/Jessica Gow/TT

Auf einen Blick

  • Polizei überlastet: ESC in Basel verschärft Personalmangel bei Schweizer Korps
  • Steigende Anforderungen und Imageproblem erschweren Rekrutierung neuer Polizisten
  • Zahl der Polizisten stieg in 15 Jahren um 20 Prozent auf 20'298
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Es soll eines der Highlights des Jahres werden: Mitte Mai findet in Basel der Eurovision Song Contest (ESC) statt, der grösste Musikwettbewerb der Welt. Hunderttausende Besucher werden in dieser Woche in der Region erwartet – ein Mega-Event!

Die Vorfreude aber wird getrübt. Max Hofmann sehe dem Anlass mit gemischten Gefühlen entgegen. Dem Generalsekretär des Verbandes Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) ist klar, dass für einen solchen Event Polizeikräfte aus der ganzen Schweiz benötigt werden. «Das gibt wieder Überstunden, die vielleicht nicht mehr abgebaut werden können», sagt er gegenüber der «NZZ».

Trotz Zunahme fehlt's an allen Ecken und Enden

Seit Jahren klagen die Korps über eine permanente Überlastung. Dabei sei die Zahl der Polizistinnen und Polizisten in den letzten 15 Jahren markant gestiegen, von 16'632 auf 20'298 – mehr als 20 Prozent, rechnet die Zeitung vor. Dennoch suchen viele Korps weiter Personal. So seien etwa bei der Berner Kantonspolizei rund 60 Stellen unbesetzt. In Basel-Stadt fehlen sogar etwa 100 Polizistinnen und Polizisten. Auch in kleineren Kantonen herrscht Mangel.

Hauptgrund für den hohen Bedarf sei das Bevölkerungswachstum. Damit steige auch die Zahl der Konflikte. Gleichzeitig liessen gesellschaftliche Entwicklungen die Aufgaben der Polizei zunehmen und komplexer werden. Polizeibeamte sind vermehrt in den Abend- und Nachtstunden gefordert. Auch nehme der soziale Kitt in der Gesellschaft ab, ebenso der Respekt vor staatlichen Organen. Das alles führe zu einem erhöhten Bedarf an polizeilicher Präsenz.

Job wird immer anspruchsvoller

Mit steigenden Anforderungen an den Polizeiberuf werde auch die Rekrutierung immer schwieriger und komplexer. Die Belastung durch unterschiedliche Arbeitszeiten und Nachtarbeit sei nicht jedermanns Sache. Und nach wie vor kämpfe die Polizei mit Imageproblemen: Das Ansehen schwindet, nicht zuletzt wegen der kritischen Darstellung des Polizeiberufs in der Öffentlichkeit.

Weil alle Korps vor ähnlichen Problemen stünden, dürfte die Lage wohl noch schwieriger werden. Laut VSPB-Generalsekretär Hofmann hat die Polizei dabei gegenüber der Privatwirtschaft oft das Nachsehen, weil dort die Attraktivität – Löhne, Arbeitsbedingungen oder Work-Life-Balance – höher sei.

Korps müssen Leistungen abbauen

Das führe dazu, dass viele Korps ihre Leistungen punktuell zurückfahren müssten. So musste etwa der Kanton Luzern vor anderthalb Jahren wegen eines internationalen Fussballspiels Einsatzkräfte bündeln und deshalb für drei Tage sämtliche Polizeiposten schliessen.

Und nachdem im aargauischen Fricktal gleich mehrere Polizisten gekündigt hatten, hat die Aargauer Regierung kürzlich im Parlament erklärt, sie teile die Einschätzung, wonach die Sicherheit dort «aufgrund der Bestandesentwicklung nicht mehr im erforderlichen Ausmass gewährleistet sein könnte».

Der Konkurrenzkampf zwischen den Kantonen habe sich denn auch massiv zugespitzt, schreibt die «NZZ». Gewisse Korps seien seit einigen Jahren dazu übergegangen, Personal gezielt in anderen Kantonen oder Gemeinden abzuwerben. Vor allem Kantone mit vergleichsweise tiefen Löhnen gerieten noch stärker unter Druck.

Dass für Mega-Events wie den ESC Polizistinnen und Polizisten aus der ganzen Schweiz in Basel aushelfen müssen, macht die Gesamtsituation nicht einfacher.

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