Der ehemalige Blick-Chefredaktor René Lüchinger (64) hat eine viel beachtete Biografie über Elisabeth Kopp (†86) veröffentlicht. Er ist überzeugt, dass sie ihren Rücktritt nie verkraftet hat.
Herr Lüchinger, Sie haben Elisabeth Kopp immer wieder getroffen. Wie ging es ihr zuletzt?
Réne Lüchinger: Sie war krank, litt seit vielen Jahren an Alters-Leukämie. Sie war schwach und gebrechlich. Doch sie war immer sehr klar im Kopf.
René Lüchinger ist Journalist und ehemaliger Chefredaktor vom Blick. 2013 schrieb er das Buch «Elisabeth Kopp, Zwei Leben – ein Schicksal. Aufstieg und Fall der ersten Bundesrätin der Schweiz.»
René Lüchinger ist Journalist und ehemaliger Chefredaktor vom Blick. 2013 schrieb er das Buch «Elisabeth Kopp, Zwei Leben – ein Schicksal. Aufstieg und Fall der ersten Bundesrätin der Schweiz.»
Elisabeth Kopp hat Geschichte geschrieben als erste Frau im Bundesrat. Hatte sie das Amt überhaupt gewollt?
Zu solch einem Amt kann man niemanden überreden. Aber sie hat immer gesagt, dass sie das tun müsse für den Durchbruch der Frauen. Vor der Kandidatur hat sie sich übrigens vom Arzt durchchecken lassen. Das war typisch Elisabeth Kopp.
Was bedeutete die «Affäre Kopp» für die Beziehung der Kopps?
So wie ich das wahrnahm, muss das beidseitig eine ziemlich tiefe Liebesbeziehung gewesen sein. Sie stand immer zu ihm. Gleichzeitig habe ich Kopp als eigenständige Figur empfunden, nicht einfach als Anhängsel ihres Mannes, wie ihr das teilweise vorgehalten wurde.
Wie schlimm war der Rücktritt für sie?
Man muss sehen, dass sie durch diesen Rücktritt ökonomisch und politisch vernichtet wurde. Ich habe Elisabeth Kopp sicher 30 bis 40 Stunden interviewt. Der Rücktritt nagte bis zum letzten Gespräch an ihr.
Kopp wurde freigesprochen. Was hat ihr das gebracht?
Nicht viel. Nach dem Rücktritt gab es ein Angebot von einem grossen Schweizer Unternehmen. Das hätte sie gerne gemacht. Als sie angeklagt wurde, hat der Präsident einen Rückzieher gemacht. Sie wurde dort also nicht rehabilitiert. Das kam erst 25 Jahre später.
Dann ging sie wieder stärker in die Öffentlichkeit, auch zum Thema Gleichstellung.
Sie war für die Frauenbewegung eine Ikone. Es hat ihr sehr gutgetan, dass sie sich wieder in der Gesellschaft bewegen konnte. Das Thema Gleichberechtigung war natürlich weit oben. Aber es gab auch andere Themen: Sie war eine sehr «grüne» Bundesrätin. Wenn die FDP mehr davon übernommen hätte, wäre das für die Entwicklung der Partei nicht schlecht gewesen.