«Liebe Frauen, ihr wolltet ja Gleichberechtigung»
0:50
Das sagt die Community:«Liebe Frauen, ihr wolltet ja Gleichberechtigung»

Kommentare zum Rentenalter 65
«Liebe Frauen, ihr wolltet ja Gleichberechtigung»

Der Nationalrat hat entschieden: Frauen müssen in der Schweiz künftig gleich lang arbeiten wie Männer. Unter unseren Leserinnen und Lesern ist nun eine Debatte über Gleichberechtigung entbrannt.
Publiziert: 09.06.2021 um 16:42 Uhr
|
Aktualisiert: 09.06.2021 um 20:34 Uhr
1/8
Der Nationalrat stimmte am Mittwoch für die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65.
Foto: keystone-sda.ch
Community-Team

Mit 124 zu 69 Stimmen hat der Nationalrat am Mittwoch entschieden, das Frauenrentenalter auf 65 zu erhöhen. Somit spart die AHV jährlich gut 1,4 Milliarden Franken. Frauen sollen einen Beitrag an die Sanierung der AHV-Kasse leisten, finden die Befürworter.

Die Blick-Community ist gespalten. Während einige die Erhöhung als fair empfinden – künftig arbeiten Frauen gleich lang wie Männer –, verweisen viele auf Ungerechtigkeiten in anderen Bereichen. Wir werfen einen Blick in die Diskussion.

«Dann will ich aber auch den gleichen Lohn!»

«Somit ist das Theater der Gleichstellung vom Tisch», schreibt Blick-Leser Jan Truembler. Fritz Münger findet sogar, Frauen seien bisher bevorteilt worden. Das kann Monika K. Gabser so nicht stehenlassen: «Frauen hatten lange kein Stimmrecht, Ehefrauen durften ohne Zustimmung des Mannes nicht arbeiten oder überhaupt ein Bankkonto eröffnen», hält die Leserin fest. Das Gleichstellungsgesetz sei erst seit 1996 in Kraft. «Über 700 Jahre waren Frauen also nicht vollwertig und Sie reden hier von Bevorteilung».

Es gibt innerhalb der Community aber durchaus auch weibliche Stimmen, die die Erhöhung befürworten: «Liebe Frauen, ihr wolltet ja Gleichberechtigung», schreibt Adelheid Sciarra. «Da gehört das Rentenalter auch dazu.»

Claudia Rohner kontert: «Dann will ich aber auch den gleichen Lohn!» Sie bekommt Schützenhilfe von Leser Tommy Müller: «Frauen verdienen weniger und jetzt sollen sie auch noch gleich lang arbeiten? Da haben wir die Diskriminierung schwarz auf weiss.» Tatsächlich verdienen Männer in der Schweiz durchschnittlich rund zehn Prozent mehr als Frauen. Mit einer Gleichstellungsstrategie möchte der Bund die Lohnungleichheit bis 2030 beseitigen.

«Wo sollen sie arbeiten?»

Vielen ist die Erhöhung ein Dorn im Auge, weil es ältere Semester auf dem Arbeitsmarkt generell schon schwierig haben: «Mit 60 Jahren ist es schon heute unmöglich, einen Job zu finden», schreibt Marion Jost. Zudem hätten viele Frauen Beitragslücken, weil sie sich jahrelang um die Kinder kümmern mussten. «Nun bestraft ausgerechnet die SVP, die das traditionelle Familienbild gut findet, jene Frauen, die dem nachkommen», so die Leserin.

Auch Ruedi Voser sieht in der Erhöhung einen «absoluten Skandal». «Da werden immer mehr Leute über 50 vom Arbeitsmarkt entsorgt und statt das Rentenalter der Männer zu reduzieren, setzt man das der Frauen hoch», schreibt er. Leserin Andrea Kunfermann fordert deshalb einen Kündigungsschutz ab 50 – «wo sollen die 65-Jährigen sonst arbeiten?», fragt sie.

Trotzdem fürchten manche bereits jetzt die nächste Erhöhung. «Liebe Männer, gebt schön acht, danach folgt die AHV mit 67», schreibt Renato Horisberg. Für Stephan Bosshard ist das allerdings auch die einzige Lösung: «Wenn wir ehrlich sind, muss das Rentenalter der Lebenserwartung angeglichen werden», glaubt er. «Unsere Medizin tut alles, damit wir uralt werden – da muss man kein Mathematiker sein, um zu sehen, dass das auf Dauer nicht aufgeht.»

«Beim Altern wird dermassen geknausert»

Was vielen Leserinnen und Lesern zusätzlich sauer aufstösst: Gerade die Pandemie habe gezeigt, dass eigentlich genügend Geld vorhanden ist. «Ich finde das nicht in Ordnung», schreibt Pascale Gerber. «In Coronazeiten hat man das Geld einfach so aus dem Ärmel schütteln können, aber beim Altern wird dermassen geknausert.»

Ähnlich sieht das Antonio Annunziata: «Wir haben Milliardengewinne von der Nationalbank und müssen noch immer diskutieren, von wo wir das Geld beziehen.» Der Vorschlag, die Nationalbankgelder zur Sanierung der AHV einzusetzen, wurde von einer unheiligen Allianz der SP und SVP unterstützt. Der Ständerat lehnte dies heute jedoch ab, weil die Kasse mit dauerhaft fliessenden Einnahmen gestärkt werden soll.

(nei)

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?