In Clubs und Bars würden sich die meisten Menschen mit dem Coronavirus anstecken. Dies behauptete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Freitag. Zwei Tage später teilte das Amt kleinlaut mit, die Daten seien dem «falschen Ansteckungsort» zugeordnet worden. Am häufigsten werde das Virus nicht im Nachtleben, sondern zwischen Familienmitgliedern übertragen.
Das BAG hat die Zahlen zwar berichtigt. Doch deren Aussagekraft ist immer noch bescheiden. Denn im kurzen Untersuchungszeitraum (16. Juli bis 1. August) gab es schweizweit rund 2100 neue Corona-Fälle. Das BAG weiss aber nur in 473 Fällen, wo sich die Personen angesteckt haben. Also nur in jedem fünften Fall.
Keine nationale Datenbank
Dass man sich in der Familie schnell infiziert, überrascht nicht. Die Häufung lässt sich zudem auch damit erklären, dass sich oft der ganze Haushalt testen lässt. Die grosse Frage lautet eher: Wie wurde das Virus in die Familie getragen?
Diese Frage kann eigentlich nur das Contact Tracing beantworten. Die Kantone versuchen derzeit wie Detektive in Gesprächen mit Kranken herauszufinden, wo sich diese angesteckt haben und an wen sie das Virus eventuell weitergegeben haben. Nur: Die gesammelten Informationen landen gar nie beim Bund!
Föderale Detektivarbeit
«Im Moment werden nur die Daten zur Anzahl der Quarantänen, nicht aber zu den detaillierten Gründen zusammengeführt», bestätigt der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri gegenüber BLICK. Was die Ansteckungen betreffe, verfüge das BAG lediglich über die Angaben auf den Meldeformularen, die es von Ärzten erhalte. Auf dieser Basis hatte es am Freitag auch den Club-Bock geschossen.
Der Corona-Flickenteppich zeigt sich also auch bei der Frage nach den Ansteckungen. Eine nationale Bündelung könnte die Datenlage wesentlich verbessern, ist Taskforce-Mitglied Sebastian Bonhoeffer überzeugt. «Das wäre ein grosser Vorteil. Das Virus hält sich schliesslich nicht an die Kantonsgrenzen.»
Datenbank bis im August
Auf bessere Daten aus dem Contact Tracing hofft auch Taskforce-Chef Martin Ackermann. «Es ist absolut zentral, dass man weiss, wer sich wo ansteckt», sagte er gegenüber Radio SRF. Nur so könne gezielt interveniert und können geeignete Massnahmen ergriffen werden. «Wir sind noch nicht da», stellt Ackermann fest. Das sei seiner Meinung nach das grössere Thema als die BAG-Daten-Panne.
Bis Ende August will das BAG eine digitale Datenbank haben. Darin sollen die Informationen aus dem kantonalen Contact Tracing zusammengetragen werden. Nur: Dass das Verfolgen der Ansteckungsketten das wichtigste Instrument nach dem Ende des Lockdowns sein werde, hatten BAG und Gesundheitsminister Alain Berset (48) schon im April immer wieder betont. Warum vergessen wurde, eine nationale Sammelstelle für die Daten zu bauen, bleibt ein Rätsel.