Datenschutz bei Reisenden aus Risikoländern
Darf der Bund Passagierlisten weitergeben?

Die Arbeit der Contact Tracer wäre einiges einfacher, wenn die Passagierlisten von Fluggesellschaften zur Hand wären. Nur: Datenschutzrechtlich ist das heikel.
Publiziert: 11.07.2020 um 11:55 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2020 um 20:07 Uhr
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Wer in Serbien, Schweden oder 27 anderen Ländern war, müsste in Quarantäne. Der Bund verlässt sich jedoch darauf, dass sich Reisende von sich aus melden.
Foto: Keystone
Gianna Blum, Tobias Bruggmann

Rund ein Viertel der neuen Corona-Infizierten in der Schweiz haben sich nicht etwa im Zug oder einem Club angesteckt. Sondern im Ausland. Seit Montag hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) daher 29 Staaten – von Serbien über Schweden bis Aserbaidschan – auf eine Risikoliste gesetzt: Wer in diesen Ländern war und in die Schweiz einreist, muss zuerst zehn Tage in Quarantäne.

Allerdings sind die Lücken rund um die Quarantänepflicht gross genug, um ganze Autos durchzulassen. Wortwörtlich. Wer Ferien in Serbien gemacht hat und auf dem Landweg zurück in die Schweiz fährt, ist selbst dafür verantwortlich, sich beim Kantonsarzt zu melden.

Aber wer hat schon Lust auf Quarantäne? Wenn Homeoffice nicht möglich ist, ist nämlich alles andere als klar, ob der Lohn weiter gezahlt wird – das hängt vom Arbeitgeber ab. Die Leute vom Reisen abzuhalten ist schwierig, denn die inzwischen wieder offenen Grenzen machen eine flächendeckende Kontrolle unmöglich.

Auf dem Luftweg ists nicht einfacher

Einfacher, so müsste man meinen, sollte die Sache auf dem Luftweg sein. Die Fluggesellschaften wissen schliesslich, wer mit ihnen reist. Und die Kantone würden die Passagierlisten mit Handkuss nehmen, wie die Berner Kantonsärztin Linda Nartey (51) diese Woche vor den Medien klargemacht hat. «Damit können wir mit dem Contact Tracing früher anfangen», sagt sie.

Nur: Woher nehmen und nicht stehlen? Denn punkto Datenschutz ist die Sache heikel. BLICK hat beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragen nachgefragt: Sämtliche Passagierlisten einfach den Kantonen weiterzugeben wäre «aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht verhältnismässig», so die deutliche Antwort.

Triage nötig

Tägliche Mails von Swiss und Easyjet an die Kantonsärzte kommen also nicht infrage, so hilfreich Listen auch beim Contact Tracing wären. Und der Umweg via Bund? Laut Datenschützer sei es «denkbar», dass das BAG diese Listen einfordert und «nach sorgfältiger Triage» an die jeweiligen Kantonsärzte weitergibt. Allerdings weist die Sprecherin darauf hin, dass dafür auch das BAG eine gesetzliche Grundlage für die pauschale Weitergabe braucht. Und ob es die gibt, weiss man auch im Büro des Datenschützers nicht.

Beim BAG verweist man auf Anfrage auf das Epidemiengesetz. Airlines müssen Personendaten rausrücken, wenn sie denn verlangt werden – sie haben eine sogenannte Mitwirkungspflicht. Es sei üblich, diese Passagierlisten zu verlangen und die Zusammenarbeit mit den Fluggesellschaften sei gut.

Allerdings: Wie der Corona-Zuständige Stefan Kuster (43) diese Woche vor den Medien sagte, passiert dies zurzeit nur stichprobenartig und im Fall einer Neuinfektion – und nicht bei allen Flügen aus Risikoländern. Es seien «noch zusätzliche Abklärungen nötig» so Kuster. Und betonte die offenen Fragen: zum Beispiel beim Datenschutz.


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