Über 80 Persönlichkeiten aus Kultur, Sport, Politik und der Wirtschaft machen sich stark fürs Impfen. Darunter sind Prominente wie das frühere Ski-Ass Bernhard Russi (73), die Leichtathletin Sarah Atcho (26) und das Schweizer Tenniswunder Martina Hingis (41). Aber auch die einstigen Bundesrätinnen Ruth Metzler (57), Doris Leuthard (58) und Ruth Dreifuss (81) sowie der Bauernpräsident Markus Ritter (54) engagieren sich für den Piks.
Mit dabei sind auch DJane Carol Fernandez (34), Musiker wie Stress (44), Baschi (35) und Büne Huber (59), aber auch Moderator Nik Hartmann (49). Der SBB-Chef Vincent Ducrot (59) macht genauso mit wie Post-CEO Roberto Cirillo (50) und Unternehmer Jöggi Rihs (88).
Béchir freut sich auf normales Leben
Initiiert hat die grosse Impfkampagne mit den Prominenten die Veranstalter-Legende André Béchir (72). «Die vielen Demonstrationen der Impfgegner haben mich zu dieser Aktion motiviert», erklärt er. Diese Demos hätten enorm viel Platz eingenommen, während man von der Gegenseite kaum etwas gehört hat. Kaum eine prominente Person sei eigenständig hingestanden und habe sich für die Impfung eingesetzt.
«Das musste sich ändern», sagt Béchir.
«Schliesslich bot ich dem Bund an, die Aktion auf die Beine zu stellen. All die Prominenten zusammenzubringen, war dabei gar nicht so einfach. Es gab einige Widerstände. Dann klappte es doch – und am Schluss meldete sich laut Personen aus der Bundesverwaltung dann plötzlich eine um die andere Persönlichkeit. Darüber bin ich sehr glücklich, und ich danke all den Prominenten, die mitmachen – und auch dem Bund», so Béchir. «Wie schön, dass wir gemeinsam einen Beitrag dazu leisten können, dass wir hoffentlich bald alle wieder normal leben können!»
Dreifuss will Sicherheit zurück
Angesprochen auf ihr Engagement für die Corona-Impfung, sagt alt Bundesrätin Ruth Dreifuss zu Blick, in ihrem Alter könne sie andere ältere Leute ansprechen – und jene, «die mich als Gesundheitsministerin in Erinnerung haben». Die frühere SP-Magistratin hat sich in der Landesregierung stark gegen Aids engagiert und einen der ersten Pandemiepläne entworfen.
Für Dreifuss steht fest, dass die meisten Ungeimpften keine radikalen Impfgegner, «sondern verunsichert» seien. «Wir wollen ihnen Sicherheit zurückgeben», unterstreicht sie. Die alt Bundesrätin ist selbst vollständig geimpft: «Das Risiko der Krankheit ist viel höher als das der Nebenwirkungen. Ich hatte auch ein paar Tage einen schmerzenden Arm, aber das ist harmlos.»
Biellmann hat sich überwunden
Auch für den CEO der Swiss Football League, Claudius Schäfer (49), ist die Impfung der Weg aus der Pandemie: «Zu einem Fussballspiel gehören Zuschauerinnen und Zuschauer, die positive Emotionen verströmen und die Spieler unterstützen und anfeuern. Spiele ohne Zuschauer müssen definitiv der Vergangenheit angehören.»
Und die Eiskunstlauf-Weltmeisterin Denise Biellmann (58) räumt ein: «Ich habe anfangs mit der Impfung gezögert, da ich Angst vor Nebenwirkungen hatte.» Doch durch die Auseinandersetzung mit der Thematik sei ihr klar geworden, «dass Logik und Solidarität vor der eigenen Angst stehen müssen, sonst werden wir gemeinsam die Pandemie nie besiegen können». Seit August ist Biellmann deshalb doppelt geimpft. «Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich es getan habe», sagt sie.
«Impfen ist wichtig», sagt der frühere Skirennfahrer und spätere Fernsehkommentator Bernhard Russi (73) zu Blick. Der Olympiasieger und zweifache Abfahrtsweltmeister hat Vertrauen in die Wissenschaft und die Politik. «Ich impfe mich nicht aufgrund von dem, was ich glaube zu wissen, sondern aufgrund von Empfehlungen», erklärt er. «Es sind viele kompetente Menschen, die sich Tag und Nacht zu dem Thema Gedanken machen. Diesen vertraue ich», begründet er, warum er klar fürs Impfen ist.
Impfen für den Sport
Ebenfalls Abfahrtsweltmeister war Urs Lehmann (52). Der heutige Swiss-Ski-Präsident stellt sich in den Dienst der Sache. «Ich bin weder Impf-befürworter noch Impfgegner, das muss und soll jeder für sich selber entscheiden.» Aber er sehe einfach, so Lehmann, dass es ohne Impfung für die Athleten schwierig werde, ihren Beruf auszuüben. «Und auch die Durchführung der Events ist gefährdet.» Für Lehmann ist klar, worum es beim Sport jetzt geht: «Es geht hier um Substanzielles, ums Überleben.» Für ihn ist es wichtig, dass der Sport ausgeübt werden kann. «Wenn wir das nicht mehr können, haben wir ein grosses Problem.»
Und für FCZ-Präsident Ancillo Canepa (68) ist klar: «Wer sich impfen lässt, verhält sich intelligent und verantwortungsvoll.» Er hoffe, dass aufgrund dieser Impfkampagne auch die letzten Impfskeptiker dies einsehen würden.
Brunner lässt sich boostern
«Wer sich impfen lässt, denkt an die Gemeinschaft, wer nicht, denkt nur an sich», findet Volksmusik-Legende Maja Brunner (70). «Das ist meine Meinung und Haltung.» Sie habe kein Verständnis dafür, wenn sich jemand nicht impfen lasse – ausser er oder sie habe wirklich gesundheitliche Probleme. «Für mich war immer klar, dass ich mich impfen lasse. Auch bei der Boosterimpfung bin ich sofort dabei.»
Fotojournalist Patrick Rohr (53) hatte bereits selbst Corona. «Ich wünsche diese Krankheit niemandem.» Mit der Impfung schütze man sich selber «und vor allem andere vor einer Ansteckung», betont Rohr, der als Moderator bekannt geworden ist. Der Fotojournalist möchte zurück zu einem normalen Leben ohne Einschränkungen. «Je mehr Menschen sich impfen lassen, desto schneller ist das möglich», sagt er. Rohr möchte sicher wieder mit seiner Kamera im Gepäck auf Reisen gehen.
Dass wir bald wieder ferne Länder erkunden können, möchte sicher auch Globetrotter-Chef André Lüthi (61). «Ich will versuchen, das Vertrauen in die Wissenschaft etwas zu fördern», begründet er sein Engagement. «So wie ich den zwei Piloten vertraue, wenn ich in ein Flugzeug steige.» Dank der Impfung ist es heute vielen wieder möglich, in ganz unterschiedliche Staaten einzureisen. «Tausende Menschen in Ländern, die keine Kurzarbeit oder Härtefallhilfen hatten, haben dadurch wieder Arbeit», betont Lüthi.
Freundin starb an Corona
Für die Berner DJane Carol Fernandez (34) ist der Einsatz für die Impfkampagne eine Herzensangelegenheit: «Eine sehr gute Freundin von mir ist an Corona gestorben, solche Todesfälle im Zeitalter der Impfung dürfen sich nicht mehr wiederholen.» Je schneller alle mitmachten und sich impfen liessen, desto schneller könnten wir die Pandemie beenden, sagt sie zu Blick. «Deshalb appelliere ich an alle: Lasst euch impfen!»
Ob jung oder im fortgeschrittenen Alter: Die Bandbreite der Prominenten, die sich für die Impfung öffentlich engagieren, ist gross. Viele machen sich für den Piks stark, weil sie wie Fernandez im Bekanntenkreis oder gar in der Familie Corona-Opfer zu beklagen haben. Zu ihnen gehört auch der bekannte Bandleader Pepe Lienhard (75): «Wir haben in unserem Umfeld tragische Fälle erlebt, und das nicht nur bei betagten Menschen. Alle Betroffenen waren ungeimpft. Innerhalb unserer Familie arbeiten einige im Pflegebereich, die tagtäglich erleben, was Covid-19 anrichtet», sagt er.
«Für mich war von Anfang an klar, dass ich mich impfen lasse.» Und wie für Maja Brunner steht auch für ihn fest: «Die Boosterimpfung werde ich als Nächstes machen.»
Appell an die Landwirte
Wie eine Umfrage des Sotomo-Meinungsforschungsinstituts von Michael Hermann (50) zeigte, gehören die Landwirte zu jenen Berufsgruppen, die am allerseltensten geimpft sind. An diese richtet sich Mitte-Nationalrat Markus Ritter (54): «Ich rufe alle Bäuerinnen und Bauern dazu auf, sich impfen zu lassen. Es braucht die Solidarität von Jung und Alt, aber auch von Stadt und Land», so der Bauernpräsident. Landwirte wüssten von der Tierhaltung, dass viele Krankheiten am besten durch eine Impfung bekämpft würden. «Jetzt, wo die kalte Jahreszeit vor der Tür steht, ist es höchste Zeit.»
Der Gemeindepräsident von St. Moritz, Christian Jott Jenny (43), ist der Ansicht, «dass wir mit dieser Aktion der Pandemie einen Schlusspunkt setzen können». Zudem würden die Kultur und die Eventbranche im Moment am meisten leiden, was den früheren Sänger und Veranstalter des Festival da Jazz in St. Moritz besonders schmerzt. «Die Impfung und das Zertifikat bieten einen Weg zurück in die lang ersehnte Normalität», hebt er hervor.
Gratis-Engagement und Impfkonzerte
Die Kampagne mit den über 80 Prominenten startet mit Plakaten und Inseraten sowie Online-Werbung am 7. November. Sie soll der nationalen Impfwoche zum Erfolg verhelfen. Inklusive derjenigen Impfplakate, die bereits heute hängen, investiert der Bund drei Millionen Franken in die Impfwerbung. Die über 80 Prominenten engagieren sich jedoch ehrenamtlich fürs Impfen.
Die Promi-Kampagne ist nur ein Element der Impfoffensive des Bundes. In Thun BE, Lausanne VD, Sitten VS, St. Gallen und Luzern finden kommende Woche Impf-Konzerte statt. Zur Musik von Stefanie Heinzmann (32), Stress, Dabu Fantastic und anderen Schweizer Musikerinnen und Bands kann man sich über die Impfung informieren und gleich den Arm hinhalten. 2,5 Millionen Franken lässt sich der Bund die Konzerttour kosten.
Zürcher locken mit Berlinern
Die Kantone rüsten ausserdem bei den mobilen Impfequipen auf. Und sie stellen Beratungsangebote zur Verfügung. Die 14 Kantone, die dem Bund bereits ihr Programm vorgelegt haben, sehen 44 zusätzliche mobile Impfteams vor. Der Kanton Schaffhausen beispielsweise nimmt eine Ärzte-Hotline in Betrieb, an die man sich mit Fragen wenden kann. Die Zürcher Behörden eröffnen am Hauptbahnhof ein Impfdorf und locken mit Gratis-Berlinern. Zudem organisieren die Zürcher Apotheken eine «lange Nacht der Impfung», in der sie bis Mitternacht impfen.
«Jede zusätzliche Impfung ist ein Erfolg», sagte Gesundheitsminister Alain Berset (49) an der Medienkonferenz des Bundesrats am Mittwoch. 150 Impfungen verhinderten im Schnitt eine Einweisung auf die Intensivstation.
Bund will Impfwillige finden
Der Basler Lukas Engelberger (46) betont als Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, dass bei der Impfwoche alle am selben Strang ziehen würden. Allerdings nicht alle mit gleicher Kraft.
Einige Kantone setzen im Wesentlichen das Programm fort, das sie auch schon die letzten Monate gefahren haben – nun aber finanziert vom Bund. Denn nicht sämtliche Kantone sind überzeugt, dass sich wirklich noch viel erreichen lässt.
Der Bundesrat ist da aber anderer Meinung: Es sei notwendig, diese zusätzliche Überzeugungsarbeit zu leisten, sagte Bundespräsident Guy Parmelin (61). «Ich persönlich bin überzeugt, dass es noch zahlreiche Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt, die bereit sind, sich impfen zu lassen.» Diese will der Bund nun finden.