Jans im Clinch
Sparpaket erschwert Integration von Flüchtlingen

Wegen gekürzten Integrations-Geldern herrscht dicke Luft zwischen Bund und Kantonen. Und sogar das Justizdepartement sieht ein, dass die gekürzte Zahlungen die Integration erschweren dürften. Trotzdem könnte bald noch mehr gespart werden.
Publiziert: 19.11.2024 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 19.11.2024 um 14:20 Uhr
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Beat Jans hat den Asylzentren in Kreuzlingen und Altstätten am Montag einen Besuch abgestattet.
Foto: SeM

Auf einen Blick

  • Asylminister Beat Jans besucht Asylzentren und würdigt Zusammenarbeit im Asylbereich
  • Bund plant Kürzungen bei Globalpauschale für Flüchtlinge, Kantone protestieren
  • Auch das Justizdepartement befürchtet, dass neue Modell gebe weniger Anreize für Integration
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Céline ZahnoRedaktorin Politik

Asylminister Beat Jans (60) hat am Montag die Asylzentren in Kreuzlingen TG und Altstätten SG besucht. Er hat sowohl vom Kanton St. Gallen als auch vom Kanton Thurgau einen Hilferuf erhalten. Die Anwohner beschwerten sich etwa über Lärm und Abfall rund um die Asylzentren.

Der Besuch kommt aus nationaler Sicht zu einem brisanten Zeitpunkt. Seit der Bundesrat sein Sparpaket präsentiert hat, sind die Fronten zwischen Bund und Kantonen verhärtet.

Bund will weniger für Geflüchtete zahlen

Grund ist, dass der Bund weniger lange für Geflüchtete zahlen will. Es geht um die sogenannte Globalpauschale, die pro Flüchtling an die Kantone überwiesen wird. Damit sollen etwa die Sozialhilfekosten vergütet werden. Das Sparpaket sieht vor, dass der Bund diese Beträge nur noch vier Jahre lang zahlt, statt bisher bei Flüchtlingen während fünf Jahren und bei vorläufig Aufgenommenen während sieben Jahren.

Aus Protest habe die kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) ihre Mitarbeit an der neuen Asylstrategie sistiert, berichtete der «Tages-Anzeiger». Aus ihrer Sicht lasse sich die Integration nicht per Dekret beschleunigen. Mittlerweile haben die Kantone Jans zu einem klärenden Gespräch getroffen und die Arbeit an der Strategie wieder aufgenommen, wie Gaby Szöllösy (58), Generalsekretärin der SODK, auf Anfrage von Blick bestätigt.

Sogar Jans' Departement ist skeptisch

Ob die Wogen damit langfristig geglättet sind, wird sich erst noch zeigen. Denn auch das Justizdepartement (EJPD) unter Beat Jans befürchtet, dass die Integration der Geflüchteten mit dem neuen Modell erschwert werden könnte. Das zeigen verwaltungsinterne Dokumente, die Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz einsehen konnte.

Für die Kantone würde mit dem neuen Modell ein wichtiger Anreiz wegfallen, möglichst viele Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu integrieren, so das EJPD. Beim neuen Modell fehlt nämlich die Bonus-Malus-Komponente: Neu soll die Höhe der Beträge nicht mehr nach der kantonalen Erwerbsquote, sondern der nationalen berechnet werden. «Würde man diesen Malus aufgeben, wären Kantone mit unterdurchschnittlicher Erwerbsquote noch weniger motiviert, eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt sicherzustellen», schreibt das Departement. Deshalb wird beantragt, nochmals über die Bücher zu gehen.

Jans muss weiter sparen

Trotz Skepsis beim Departement von Jans könnte der Bund die Beiträge auf Kosten der Kantone aber noch weiter kürzen. Denn das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat ebenfalls festgestellt, dass die vorgesehene Kürzung – zumindest im Jahr 2027 – gar nicht genug Einsparungen bringt.

Für 2027 soll die Änderung eine Entlastung von 250 Millionen Franken bringen. Bis dahin ist allerdings bis jetzt eine Übergangslösung vorgeschlagen: Der Betrag für Geflüchtete soll noch während fünf Jahren ausgezahlt werden, erst in den nachfolgenden Jahren wird die Dauer auf vier Jahre verkürzt.

Das bedeutet: Statt sparen, würde der Bund 2027 deutlich mehr ausgeben, führt das SEM auf Anfrage aus. Um am Einsparungsziel festzuhalten, wird nun eine neue Übergangslösung ausgearbeitet.

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