PIGN. Hinter diesen vier Buchstaben steckt ein vertrauliches Projekt der Schweizer Armee. Blick-Recherchen zeigen: Aufgrund eines seltsamen Verfahrens könnte es den Schweizer Steuerzahler teuer zu stehen kommen.
Beim Projekt geht es um die Cybersicherheit, genauer gesagt um die Infrastruktur und die Informatiksysteme der Armee. Kernstück ist das Führungsnetz Schweiz, das den Behörden ermöglichen soll, auch bei einem Ausfall des Internets, etwa in einer Kriegssituation, weiter zu kommunizieren.
Bis zu 2,4 Milliarden Kosten
Auch die geschätzten Kosten des PIGN-Projekts kursieren nur in den höchsten Kreisen. Und sorgen für Verärgerung, wie verschiedene Quellen berichten. Zunächst sei man von einer Summe zwischen 800 Millionen und 3 Milliarden Franken ausgegangen, heisst es. Unterdessen wurde die Schätzung präzisiert, man spricht nun von 2 bis 2,4 Milliarden Franken.
Diese Summe dürfte höher sein, als es für die Sicherheit des Landes nötig wäre: Kostentreibend soll wirken, dass bestimmte Strukturen zwischen zwei Departementen hin- und hergeschoben werden.
Zivile und militärische IT trennen
Doch von vorn: Seit knapp 20 Jahren sind die zivilen und militärischen Informatiksysteme des Bundes «stark miteinander verflochten», wie es in einer Mitteilung der Schweizer Armee vom 28. August 2020 heisst.
Die sogenannte Führungsunterstützungsbasis (FUB) erbringt heute also nicht nur Informatik-Leistungen für die Armee, sondern auch für die zivile Bundesverwaltung. Aber nicht mehr lange: 2016 beschloss der damalige Verteidigungsminister Guy Parmelin (63) nach einem Cyberangriff auf den staatlichen Rüstungskonzern Ruag, die zivile und militärische Informatik zu entflechten.
Die Variante heisst «Reducziun»
Im Wesentlichen soll eine Reihe von Strukturen von der Armee ins Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) transferiert werden. Dieses untersteht dem Finanzdepartement (EFD). Die Strategie für diese Entflechtung, die offenbar kurz vor der Verabschiedung steht, sieht verschiedene Varianten vor. Die gemäss Quellen favorisierte heisst «Reducziun».
Just bei dieser stellen sich aber verschiedene Fragen. «Reducziun» sieht den Transfer einer Reihe von IT-Systemen vor, die die Armee in Krisen- und Notsituationen benötigt. Diese sollen in einem ersten Schritt im kommenden Jahr gänzlich an das zivile BIT übertragen werden.
Seltsames Hin und Her
Ein Teil soll aber im darauffolgenden Jahr den umgekehrten Weg gehen: zurück vom BIT ins Kommando Cyber, das bis dann die Führungsunterstützungsbasis ablösen soll.
Auch das Führungsnetz Schweiz wäre Teil dieser Hin- und Rückreise. Und wie mehrere Quellen bestätigen, soll dieses Hin und Her verantwortlich sein für die doch hohen Kosten. Immerhin: 2,4 Milliarden Franken sind rund die Hälfte des gesamten aktuellen Armeebudgets.
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Angeordnet haben soll diese Rundreise Armeechef Thomas Süssli (55) höchstpersönlich. Der Informatiker war bereits mit digitalen Projekten befasst, bevor er im Januar 2020 zum Chef der Armee ernannt wurde. Damals leitete er die Führungsunterstützungsbasis.
Bund will sich nicht äussern
Mit den Recherchen konfrontiert, gibt sich der Bund wortkarg. Stellvertretend für alle Stellen antwortet das EFD: «Wir äussern uns nicht zu laufenden internen Projekten und werden zu gegebener Zeit darüber informieren.»
Auch ein Gesuch nach Öffentlichkeitsgesetz wurde abgelehnt. Begründung ist ein ausstehender Entscheid des Bundesrats. «Der Bundesrat wird, sofern keine ausserordentlichen Umstände vorliegen, in Kürze einen Entscheid über die Entwicklung der Entflechtung der zivilen und militärischen Informatik des VBS fällen. Dann wird eine Pressemitteilung veröffentlicht», lautet die Antwort.
Immer wieder mal teuer
Neu wären hohe Beträge bei IT-Projekten der Armee nicht. Schon 2021 hat die Armee ihr Informatikbudget, das bereits 460 Millionen Franken betrug, um 100 Millionen Franken überschritten.
Dafür waren grösstenteils die Arbeiten im Zusammenhang mit dem grossen Informatik-Investitionsprogramm Fitania verantwortlich. Dieses umfasst auch das Führungsnetz Schweiz, um das es jetzt auch bei PIGN geht.