Neutrale Verpackungen für Zigaretten – ohne Aufdruck der Marke – verändern das Rauchverhalten der Bevölkerung nicht: Zu diesem Schluss kam eine umstrittene Studie zum sogenannten Plain Packaging in Australien, an der die Universität Zürich (UZH) beteiligt war. Nun fordern zehn Jahre später 19 namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland die Hochschule auf, die Studie von ihrer Website zu entfernen.
Es geht um ein «Working Paper», verfasst vom Zürcher Uni-Professor Michael Wolf und von Ashok Kaul vom Institut für Politikevaluation der Uni Saarland.
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Der Beobachter hatte bereits 2014 aufgedeckt, dass Philip Morris International (PMI) die Studie nicht nur finanzierte, sondern sich vertraglich auch hatte zusichern lassen, die Forschungsresultate vor der Publikation überprüfen und kommentieren zu können. Die Universität Zürich hatte dem Beobachter zwar den Vertrag, jedoch nur Teile des zugehörigen Anhangs offengelegt.
Brisantes im geheimen Teil des Vertrags
Und die geheim gehaltenen Seiten hatten es in sich, wie die Westschweizer Tabakpräventions-Organisation Oxysuisse vor einigen Monaten aufdeckte. Im bisher unveröffentlichten Teil der Vereinbarung schlagen die beiden Forscher unter anderem vor, die Frage zu untersuchen, «welche Entwicklungen in der Tabakkontrollforschung zu Plain Packaging in Australien eine Bedrohung für das Interesse von PMI darstellen».
Die wissenschaftliche Freiheit sei immer gewährt gewesen, betonte Forscher Michael Wolf 2014 gegenüber der «NZZ». Der Vertrag habe deshalb seiner Meinung nach im Einklang mit den Richtlinien der Universität gestanden.
«Wissenschaft im Dienst des Geldes»
In einem Brief an die Akademien der Wissenschaften und an die UZH kritisieren die 19 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun jedoch scharf, dass die Hochschule den Vertrag unter diesen Bedingungen eingegangen ist und die Studie immer noch auf ihrer Website publiziert hat.
Anhand der nun vorliegenden, vollständigen Fassung des Vertrags zeige sich, dass die Studie «mit Methoden durchsetzt ist, die gegen die Grundprinzipien der wissenschaftlichen Forschung verstossen», schreiben sie. Die Studie könne «nicht als verlässlich angesehen werden», und die UZH und die Forscher schienen «die Wissenschaft in den Dienst des Geldes zu stellen».
«Keine Verstösse gegen die Regeln»
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Briefs fordern deshalb die Universität Zürich auf, die beiden Artikel von der Website zu entfernen und eine Untersuchungskommission einzusetzen, «um den Fall aufzuklären und Lehren daraus zu ziehen».
Auf Anfrage des Beobachters nahm die UZH zu den konkreten Vorwürfen keine Stellung. Ein externer Gutachter habe 2015 «keine Verstösse gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis» festgestellt, schreibt die Medienstelle: «Ob die Unterzeichnung des Vertrags selbst gegen die Regeln wissenschaftlicher Integrität verstösst, wird die Universität Zürich nochmals untersuchen.» Bis wann das geschehen soll, könne man nicht sagen.