Die Schweiz hat 7,5 Milliarden Franken Oligarchengelder eingefroren. Das sei viel zu wenig, findet Scott Miller (43), US-Botschafter in Bern. Seit Wochen schon macht der Amerikaner Druck: Die Schweiz müsse mindestens 50, wenn nicht 100 Milliarden blockieren.
Anfang April scharte Miller seine Kollegen aus den G7-Staaten um sich: Die Botschafter von Frankreich, Italien, Deutschland, Kanada, Japan, Grossbritannien und den USA schrieben einen Brief an Bundespräsident Alain Berset (51). Ihre Forderung: Die Schweiz müsse endlich der multinationalen Taskforce Repo beitreten.
Sofortiger Beitritt zur Arbeitsgruppe steht nicht zur Diskussion
Hierzulande rechnete kaum jemand damit, dass der Bundesrat auf das Schreiben mit einem sofortigen Beitritt zu dieser Arbeitsgruppe reagieren würde. Das stehe in der Tat nicht zur Diskussion, teilte das Wirtschaftsdepartement (WBF) von Guy Parmelin (63) wenig später mit.
Trotzdem gab es Haue für den SVP-Bundesrat. «Guy Parmelin hat den brisanten Entscheid alleine gefällt», titelte CH Media am Montag – was nun für rote Köpfe im WBF sorgt. Parmelin habe überhaupt nichts entschieden, heisst es aus dem Departement. Die Bundeskanzlei habe ihm den Auftrag erteilt, die G7-Botschafter über die offizielle Haltung der Schweiz zu informieren, die sie bereits zuvor vertreten habe.
Tatsächlich hat nicht Parmelin, sondern Seco-Chefin Helene Budliger (58) den Botschaftern geantwortet. Wobei «antworten» bereits zu hoch gegriffen ist, wie aus dem Departement verlautet: Budliger habe die Botschafter lediglich informiert. Überhaupt sei es absolut unüblich, dass Botschafter solche Forderungen stellen.
Verantwortlich für die Taskforce seien die Hauptstädte – und aus denen gebe es keine Kritik. Bei den jüngsten Treffen der Bundesräte mit G7-Ministern sei die Taskforce kein Thema gewesen. Auch das Treffen von Staatssekretärin Budliger mit Miller und dem US-Unterstaatssekretär Brian Nelson (43) scheint in Minne über die Bühne gegangen zu sein. Nelson soll sogar gesagt haben: «Das ist nicht mein Brief.»
«Der Bundesrat hat zur Repo-Taskforce keinen Entscheid getroffen»
Das Hickhack um die Frage, wer im Umgang mit Oligarchengeldern was entscheidet und ob überhaupt, ist bezeichnend: Niemand übernimmt Verantwortung – schon gar nicht im Rahmen einer Bundesratssitzung. Die Regierung fürchtet offenbar die politischen Folgen. Lieber reicht man die heisse Kartoffel nach unten durch. «Der Bundesrat hat zur Repo-Taskforce keinen Entscheid getroffen», sagt Sprecher André Simonazzi denn auch zu SonntagsBlick.
Offenbar will die Regierung den Druck aus dem Ausland einfach aussitzen. Sich darauf zu verlassen, dass dahinter lediglich ein paar ungehobelte Botschafter stecken, wäre allerdings nicht ratsam. Denn diese haben mitnichten auf eigene Faust gehandelt. Die US-Botschaft sagt zu SonntagsBlick: «Wir koordinieren uns immer mit Washington.» Eine weitere beteiligte Botschaft bestätigt: Der Brief an den Bundesrat sei mit sämtlichen G7-Regierungen abgesprochen worden.