Viel Zeit bleibt nicht. Bereits Ende Woche dürfte es in Schweizer Spitälern keine freien Intensivbetten mehr geben, schlagen die Experten des Bundes Alarm. Am Dienstag waren von den insgesamt 1673 Intensivbetten 1162 belegt, davon 467 mit Corona-Patienten. Gerade 511 Betten waren noch frei. Und die Zahl schwindet Tag für Tag.
Alleine am Mittwoch wurden wieder gesamthaft 247 Spitaleinweisungen gemeldet. Gesundheitsminister Alain Berset (48) sprach denn auch gleichentags von nur noch etwa 300 freien Intensivpflegeplätzen.
Da reicht es auch nicht, wenn etwa das Kantonsspital Freiburg seine Intensivstation um 7 auf 29 Betten ausbaut. Schon in wenigen Tagen könnte es zu dramatischen Szenen kommen. Dann werden Ärzte entscheiden müssen, welche Corona-Patienten noch behandelt werden können und welche nicht.
Im Frühling französische Patienten übernommen
Während der ersten Welle im Frühling war Frankreich in einer ähnlichen Lage: Mehr als 30 schwer erkrankte Corona-Patienten hatten Schweizer Spitäler damals übernommen. Die Kantone reagierten auf Hilfegesuche aus dem Elsass. Schon bald aber könnte es die Schweiz sein, die Hilfe braucht. Doch bis heute ist unklar, ob nun auch Schweizer Patienten auf Spitalbetreuung im nahen Ausland hoffen dürfen.
«Wir haben schon von Angeboten gehört, dass Frankreich Intensivpatienten übernehmen könnte», sagte der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri (60) am Dienstag vor den Medien. Genaueres aber sei ihm nicht bekannt. Auch wisse er nichts von Anfragen aus den Kantonen an die umliegenden Nachbarn.
Nur ein Tropfen auf den heissen Stein
Tatsächlich wollen die Kantone erst sämtliche Möglichkeiten ausschöpfen, um die Kapazitäten in den eigenen Spitälern zu erhöhen, erklärt der Präsident der Gesundheitsdirektoren, Lukas Engelberger (45). Doch: Auch das dürfte gemäss der Taskforce des Bundes nur ein Tropfen auf den heissen Stein sein und nur wenig Zeit gewinnen. Noch seien in den beiden Basel Intensivkapazitäten vorhanden, versichert der Stadtbasler Regierungsrat Engelberger. «Deshalb sind bisher keine Anfragen an Spitäler im Ausland erfolgt.»
Auch auf Bundesebene wurden bis jetzt keine konkreten Schritte unternommen, um notfalls Hilfe aus dem Ausland zu erhalten. Es finde ein regelmässiger Austausch statt, auch zur Situation auf den Intensivstationen, versichert Sprecher Yann Hulmann vom zuständigen Innendepartement, dem das Bundesamt für Gesundheit (BAG) angeschlossen ist: «Die Krise hat es bereits im Frühling ermöglicht, eine erhebliche Solidarität zwischen unseren verschiedenen Grenzregionen zu demonstrieren.»
«Können keine Ansprüche geltend machen»
Verfahren seien vorhanden, um Anfragen an die Gesprächspartner in den Nachbarländern weiterzuleiten. «Derzeit stehen die Spitalkapazitäten aber europaweit unter grossem Druck», gibt Hulmann zu bedenken. «Aufgrund der sich schnell entwickelnden Situation in allen Grenzregionen können wir jedoch nicht einfach Ansprüche geltend machen.» Das hänge von den bestehenden Verfügbarkeiten ab.
Sprich: Die Schweiz muss vor allem selber schauen. Priorität habe deshalb, alles dafür zu tun, um die hiesigen Spitalkapazitäten zu erhöhen und effizient zu verwalten.