Im Parlament wächst Skepsis an Ukraine-Konferenz in Lugano
«Die Konferenz macht keinen Sinn»

Anfang Juli soll die Welt nach Lugano blicken. Bundespräsident Ignazio Cassis lädt zur Ukraine-Konferenz. Im Parlament aber mehren sich die Zweifel am Sinn der Grossereignisses.
Publiziert: 12.06.2022 um 12:41 Uhr
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Aktualisiert: 13.06.2022 um 07:23 Uhr
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Am 4. und 5. Juli soll Lugano zum Schauplatz der grossen Ukraine-Konferenz werden.
Foto: Imagebroker/OKAPIA
Daniel Ballmer und Ruedi Studer

Es sind grosse Pläne, die Bundespräsident Ignazio Cassis (61) schmiedet. 40 Staaten und 20 internationale Organisationen lädt der FDP-Aussenminister zur Ukraine-Konferenz am 4. und 5. Juli nach Lugano ein. Dort soll der Wiederaufbau des zerstörten Landes geplant werden. Ziel der Schweiz sei zudem, mit der Konferenz einen Beitrag zur Stabilität in Europa zu leisten, tönte Cassis am Rand des Weltwirtschaftsforums WEF an.

Es wird mit mehr als 1000 Teilnehmenden gerechnet. Cassis erhofft sich den Besuch mehrerer Staatschefs und Aussenminister. Sogar der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) könnte dabei sein. Der Tessiner Tourismus-Hotspot wird mehrere Tage im weltweiten Scheinwerferlicht stehen – und mit ihm die Schweiz und Cassis selbst.

«Der Krieg ist noch in vollem Gang»

Im Parlament aber werden immer mehr kritische Stimmen laut. «Ich kann diese Lugano-Konferenz nicht unterstützen. Sie macht gar keinen Sinn», wird SVP-Präsident Marco Chiesa (47) deutlich. Weder sei es wie ursprünglich vorgesehen eine Reformkonferenz noch ein Friedensgipfel. «Denn dafür müssten beide Kriegsparteien eingeladen sein.»

Um über den Wiederaufbau zu sprechen, sei es noch zu früh. «Der Krieg ist noch in vollem Gang», gibt der Tessiner Ständerat zu bedenken. «Es ist völlig unklar, was überhaupt alles wieder aufgebaut werden muss.»

Auch Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (43) weiss nicht wirklich, was Ziel und Zweck der Lugano-Konferenz sein sollen. «Das wäre aber wichtig», sagt er an die Adresse von Aussenminister Cassis: «Die Mitte erwartet hier zeitnahe Klärung.»

«Das kann peinlich werden»

Auch linke Stimmen fordern, dass Cassis einen nachvollziehbaren Sinn und Zeck aufzuzeigen muss. Führe man eine Konferenz durch, nur weil man eine Konferenz will, könne das peinlich werden.

Diplomatischer zeigt sich SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (61), der als zweiter Vizepräsident des Rats selbst an der Konferenz teilnehmen wird. Prioritär seien für ihn nach wie vor die verschiedenen Bemühungen zur Beendigung des Kriegs sowie humanitäre Hilfe. Die Lugano-Konferenz müsse daher «sorgfältig in die laufenden internationalen Bemühungen eingebettet sein».

Tessiner fürchten Verkehrschaos

Die Tessiner sehen die Konferenz als grosse Chance – aber auch als Problem. Befürchtet wird ein Chaos mit Strassensperrungen und anderen Einschränkungen für die Bevölkerung – und das mitten in der Tourismussaison. Mitte-Nationalrat Fabio Regazzi (59) erinnert an den Besuch des damaligen US-Aussenministers Mike Pompeo (58) im Juni 2019. Er hat daher den Bundesrat angefragt, wie er verhindern will, dass die Stadt während der Lugano-Konferenz lahmgelegt wird.

Die Konferenz müsste zumindest auf einen Zeitpunkt nach einem Waffenstillstand verschoben werden. «Dazu aber hatte Cassis nicht den Mut», sagt SVP-Chef Chiesa. «Er hat die Konferenz vor etwa einem Jahr bestätigt und wollte jetzt wohl keinen Rückzieher machen.»

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