«Laut Definition handelt es sich bei einer Diktatur um eine Regierungsform, in der wenige über die Mehrheit bestimmen», erklärte die SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (51) am Montag die unaufhörliche Behauptung ihrer Partei, dass sich die Schweiz in einer Corona-Diktatur befinde.
Damit begründete die SVP unter anderem auch ihren Antrag, den 22. März als fixes Datum für die Beizen-Öffnung ins Gesetz zu schreiben – so erlange man Demokratie und Föderalismus zurück. Solche Aussagen sorgen allerdings selbst parteiintern für Unmut. So erklärte SVP-Regierungsrat Jean-Pierre Gallati (54) gestern im «Talk Täglich» auf Tele M1: «Wenn wir in einer Diktatur leben würden, hätte sie diese Aussage gar nicht machen dürfen!»
Unseriöse SVP-Forderungen
Und damit nicht genug. Der Aargauer zielt dahin, wo es Martullo-Blocher wohl am meisten schmerzt: «Wahrscheinlich ist die Firma von Frau Martullo-Blocher einer Diktatur ähnlicher als unser Bundesstaat.» Schliesslich gelte immer noch die völlig freie Meinungsäusserung. «Jeder kann den Bundes- oder Regierungsrat kritisieren, ohne das ihm etwas zustösst», sagt Gallati – das sei kaum mit einer Diktatur zu vergleichen.
Und auch den Antrag zur fixen Beizen-Öffnung am 22. März kann Gallati nicht unterstützen: «Das war nicht unbedingt die beste Idee», findet der Regierungsrat. Es sei unseriös, wenn man das Ende einer Pandemie mittels eines Gesetzes erklären wolle. «Jedem ist doch klar, dass diese nicht einfach am 22. März vorbei ist», wettert er weiter.
Auch andere SVPler distanzieren sich
Klare Aussagen entgegen der Parteilinie. Oder? «Keine Partei hat Handlungsanweisungen im Parteiprogramm, wie man eine Pandemie zu bewältigen ist», verteidigt sich der Aargauer. Aber: Auch die SVP habe vor einigen Jahren dem neuen Pandemiegesetz zugestimmt, welches dem Bundesrat in solchen Situationen grosse Vollmachten gebe.
Gallati ist nicht der erste SVP-Politiker, den die ständigen Diktatur-Vorwürfe befremden. Auch die Ratspräsidenten der beiden Kammern, Alex Kuprecht (63) und Andreas Aebi (62), äusserten sich bereits kritisch gegenüber solchen Aussagen. Es gelte jetzt zusammenzustehen – solche Attacken seien nicht zielführend, fand Ständeratspräsident Kuprecht. Auch Aebi distanzierte sich: «Diese Wortwahl ist nicht meine. Solche Begriffe gebrauche ich nicht.» (dbn)