Den Gang vor die Richterin muss man sich leisten können. Gerichtsgebühren, Anwaltskosten, Parteientschädigung: rasch läppern sich horrende Summen zusammen. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind immens.
Für eine Klage, bei der es um weniger als 10'000 Franken geht, muss man in Luzern mit Kosten von etwa 4000 Franken rechnen, die man zahlen muss, wenn man in einem Zivilprozess in der ersten Instanz unterliegt. Im Nachbarkanton Aargau ist es mehr doppelt so viel. Und im Jura – dem teuersten aller Kantone – muss man sogar fast 12'000 Franken bezahlen, wie die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet. Man muss sich also darauf einstellen, selbst im Fall eines Sieges vor Gericht draufzulegen.
Zehnmal höhere Gebühren
Die «NZZ» stützt sich auf Zahlen, die die beiden ehemaligen Zürcher Rechtsprofessoren Ingrid Jent-Sørensen und Isaak Meier in einer Studie gesammelt haben. Daraus geht beispielsweise auch hervor, dass allein die Gerichtskosten im Kanton Jura bei einem kleinen Fall zehnmal höher sind als in Appenzell Ausserrhoden.
Auch bei einem Streitwert von über 100'000 Franken – wenn es beispielsweise um Mietstreitigkeiten geht – müssen Jurassier am tiefsten in die Tasche greifen. Knapp 60'000 Franken kostet ein Prozess im kleinen Kanton. Über 40'000 Franken kostet der Gang vor Gericht auch in Bern, Zürich, Aargau und St. Gallen. Am wenigsten zahlt man in Obwalden mit rund 23'000 Franken für Gerichtsgebühren, Parteientschädigung und eigene Anwaltskosten. Einen logischen Grund für die riesigen Unterschiede gibt es nicht.
Nur Reiche können sich Prozesse leisten
Die hohen Kosten stellen für viele Menschen eine schier unüberwindbare Hürde dar, sich juristisch gegen ein aus ihrer Sicht begangenes Unrecht zu wehren. Zwar gibt es die unentgeltliche Rechtspflege – doch gewährt wird die kostenlose Prozessführung nur jenen, die wirklich sehr wenig Geld haben. Und damit ist es in der Realität oftmals so, dass sich nur wehren kann, wer über das nötige Geld verfügt.
Das ist Bundesrat und Parlament bewusst. Kommende Woche diskutiert der Nationalrat über eine Überarbeitung des Zivilprozessrechts – und wird dabei auch auf die Prozesskosten zu sprechen kommen. Der Bundesrat schlägt vor, dass das Gericht vom Kläger nicht mehr die ganzen mutmasslichen Prozesskosten als Vorschuss verlangen kann, sondern nur die Hälfte.
Linke fordern Gebühren-Deckel
Doch wie die «NZZ» schreibt, reicht das den Linken nicht. Sie wollen die Gerichtskosten deckeln. Damit will man dafür sorgen, dass die Unterschiede zwischen den Kantonen nicht mehr ganz so gross sind und sich mehr Menschen den Gang vor Gericht leisten können. Auch die hohen Anwaltshonorare könnten noch zu reden geben.
Die Kantone wehren sich selbstredend gegen einen Eingriff des Bundes. Wer sich am Schluss durchsetzt, wird sich nächste Woche zeigen. (lha)