Illegale Demonstrationen und Veranstaltungen, Nichteinhalten der Maskentragpflicht, Renitenz gegen Polizeibeamte und Personal im öffentlichen Verkehr: Die Liste der Vergehen und Straftaten seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist lang. Obwohl die Kantone betonen, bei Verzeigungen mit Augenmass vorzugehen, ist es gemäss einer nationalen Erhebung von Blick seit März 2020 zu mehr als 15'000 Strafanzeigen gekommen.
Und das Bild ist erst noch unvollständig: Von den beiden Kantonen Bern und Waadt sind keine Zahlen verfügbar, Baselland liefert nur die Zahlen vom letzten Jahr (siehe Grafik). Darüber hinaus werden landesweit 745 weitere, noch hängige Verfahren gemeldet.
Über die Höhen der Bussen und Gebühren ist indes keine pauschale Aussage möglich. So erheben die Kantone unterschiedlich hohe Gebühren für Strafbefehle – und die Bussen richten sich nach der Schwere eines Verstosses.
«Schickt einfach den Strafbefehl wieder zurück!»
Viele der Anzeigen lassen sich auf einige wenige Anlässe zurückführen. So erliess etwa die Staatsanwaltschaft St. Gallen 27 Strafbefehle gegen Personen, die im März dieses Jahres an einer Veranstaltung von Corona-Skeptikern im Restaurant Älpli in Gommiswald SG teilgenommen hatten (Blick berichtete). Die Verfahren gegen die beteiligten Wirte und Organisatoren sind da noch nicht einmal eingerechnet.
Von den 105 Verurteilungen, die die St. Galler Justiz in diesem Jahr erlassen hat, geht damit fast ein Drittel auf das Konto der Skeptiker-Beiz in Gommiswald. «Schickt einfach den Strafbefehl wieder zurück und erhebt Einsprache. Nichts kann euch passieren. Überhaupt nichts!», sagt einer der Redner an der illegalen Älpli-Tagung, die von Teilnehmern gefilmt wurde und wesentlich zu deren Identifikation beitrug.
Corona-Skeptiker beschäftigen mit Einsprachen die Gerichte
Viele Corona-Skeptiker sind felsenfest davon überzeugt, dass den Behörden für ihr Vorgehen eine rechtliche Grundlage fehle. Das bekommen mehrere Kantone in Form einer Flut an Einsprachen zu spüren: «Auffällig ist, dass bei Verstössen gegen die Pflicht zum Tragen einer Gesichtsmaske viele Einsprachen eingehen und an diesen häufig festgehalten wird, während die Verletzungen der Meldepflichten nach Rückkehr aus einem Risikogebiet im Herbst 2020 selten zu Einsprachen führten», sagt Patrick Fluri, Erster Staatsanwalt von Glarus, zu Blick.
Zudem springt ins Auge: Genf führt die Statistik mit grossem Vorsprung an. 6206 Strafbefehle wurden bislang erlassen, darüber hinaus auch noch 2359 Ordnungsbussen ausgesprochen. Einen besonderen Grund dazu gebe es nicht, heisst es auf Nachfrage bei den Genfer Behörden. Man sei lediglich bemüht, die Corona-Regelungen konsequent umzusetzen.
Genf greift durch, Uri übt sich in Zurückhaltung
Andere Kantone greifen offensichtlich weniger hart durch. So hat Uri seit Pandemiebeginn erst neun Strafbefehle verschickt, obwohl die Polizei bei Zusammenstössen an einer Corona-Demo in Altdorf gar Pfefferspray einsetzen musste.
Häufig werden Verstösse offensichtlich unbürokratisch und direkt mit Wegweisungen und Bussen vor Ort gelöst. Zu den über 15'000 Anzeigen gesellen sich landesweit laut Zahlen der «Schweiz am Wochenende» nämlich rund 30'000 Ordnungsbussen. Darüber hinaus seien über 150 Betriebe zwischenzeitlich von den Behörden geschlossen worden.
Die Abstimmung über das Covid-Gesetz hat die Zahlen gemäss Rückmeldungen aus allen Kantonen nicht zusätzlich nach oben getrieben. Im Gegenteil: Praktisch überall wurden 2020 mehr Verstösse geahndet als in diesem Jahr.