Abstand halten ist fast unmöglich
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Blick macht den Selbstversuch:Abstand halten ist fast unmöglich

Wir fahren fast alle zu dicht auf
So brutal teuer ist zu wenig Abstand

Zu dichtes Auffahren ist Alltag: Kaum jemand hält sich an die Zwei-Sekunden-Abstandsregel. Auch weil man unterschätzt, wie teuer das werden kann – und wie flott der Ausweis weg ist.
Publiziert: 10.05.2024 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.05.2024 um 14:08 Uhr
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So bitte nicht: Zu wenig Abstand ist gefährlich – und kostet darum hohe Strafen. Unter 1,8 Sekunden wird gebüsst, ...
Foto: Anton Geisser
Timothy Pfannkuchen

Wer beim Autofahren korrekten Abstand hält, wird bestraft. Nicht von der Polizei, sondern von anderen Lenkenden. Wer in der Rushhour auf der A1 zwei Sekunden Abstand hält, erntet dichtes Auffahren von hinten und vor allem viele, viele Autos, welche die Spur wechseln und in die korrekte Lücke vor einem drängeln.

Auch gefühlt ist die Lücke selbst bei 1,5 Sekunden noch gross. Fatal, denn: Zu geringer Abstand ist zwar fast normal, aber kann Tausende Franken und den Führerausweis kosten. In der Schweiz sind Abstandsmessungen im Vergleich zu anderen Ländern zwar selten. Auch weil es keine fixen Ordnungsbussen dafür gibt. Aber jeder Einzelfall geht ans Gericht – und das wird stets teuer.

Wie viel Abstand ist genug?

Die Verkehrsregelnverordnung bleibt vage, doch es haben sich Richtwerte etwa durch Gerichtsentscheide etabliert. Die internen Richtlinien variieren zwar von Kanton zu Kanton, aber generell gilt: «Halber Tacho in Metern» oder über 1,8 Sekunden ist legal, das wären zum Beispiel bei 120 km/h ab etwa 60 Meter.

Unter 1,8 Sekunden Abstand kommt man in leichteren Fällen erst mal meist auf einige Hundert Franken (z.B. GR Richtwert 400 Fr.) plus Gebühren, bei weniger Abstand mehr. Unter 0,6 Sekunden wird es deftig. Beispiel Kantone Zürich und Graubünden: bei 11 bis 15 Prozent des Tempos in Metern (bei 120 km/h 13 bis 18 m) zehn Tagessätze. Bei einem Beispiels-Nettogehalt von 5000 Franken im Monat ist ein Tagessatz gerundet 120 Franken (Rechner hier). Also käme die Busse auf 1200 Franken. Natürlich noch plus die Gerichtsgebühren, die mindestens (!) ein paar hundert Franken ausmachen.

Busse über ein Monatslohn

Es folgen im Beispiel ZH/GR als nächste Stufe 20 Tagessätze, also bei 5000 Franken Nettolohn 2400 Franken. Bei nur fünf Prozent (bei 120 km/h 6 m!) Abstand sind es dann in Zürich 45, im Bündnerland 50 Tagessätze. Das macht im Beispiel 5400 bzw. 6000 Franken! Je plus Gebühren. Je nach Kanton und Gericht, Umständen oder Leumund könnte es günstiger oder auch auf Bewährung ausgesetzt, vor allem aber noch deutlich teurer werden. Ganz zu schweigen von extremen Fällen mit noch krasserer Unterschreitung.

Was ist mit dem Führerausweis? Auch das variiert stark. Leichte Vergehen (meist 1,2 bis 1,8 s) gehen in der Regel ohne Entzug aus. Mittelschwer (wohl in der Regel 0,6 bis 1,2 s) kann zu einem Monat zu Fuss führen. Ein schwerer Fall (0,5 s) wird wohl in den meisten Fällen drei Monate zu Fuss heissen, aber auch zwei Jahre liegen bei entsprechenden Umständen drin.

Einfach mal mitzählen

Blick rät: Man ist viel öfter zu dicht dran, als man denkt. Statt auf das Gefühl lieber auf Leitpfosten (auf der Autobahn 50 Meter voneinander) oder den heute oft im Auto eingebauten Abstandswarner (s. Bildergalerie) achten. Oder die Sekunden zählen: Sich den Punkt merken, den das Auto vor uns gerade passiert, dann «einundzwanzig–zweiundzwanzig» mitzählen. Nicht nur, um eine Busse zu vermeiden. Sondern, weil wenig Abstand auch sehr gefährlich ist.

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