Hitzige Abstimmung in Zürich
Zoff um Nationalitätennennung bei der Polizei

Die Frage, ob die Nationalitäten von Tätern und Opfern in Polizeimeldungen genannt werden sollen, sorgt in Zürich schon länger für Streit. Am 7. März entscheiden nun die Stimmbürger darüber.
Publiziert: 13.02.2021 um 11:46 Uhr
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Aktualisiert: 13.02.2021 um 12:22 Uhr
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Seit 2017 macht die Stadtzürcher Polizei in ihren Meldungen keine Angaben mehr zur Nationalität der mutmasslichen Täter und Opfer.
Foto: Keystone
Noa Dibbasey

Im November 2017 wurde in Zürich ein «fataler Entscheid» getroffen – zumindest aus Sicht der SVP. Die Zürcher Stadtpolizei gab nämlich bekannt, dass sie neu keine Nationalitäten von mutmasslichen Opfern oder Tätern mehr nennen werde – es sei denn, man frage explizit nach. Mit dieser Massnahme sollten Vorurteile gegenüber Ausländern vermindert werden.

Die Zürcher SVP wollte das nicht akzeptieren und lancierte kurzerhand eine kantonale Volksinitiative mit dem Namen «Bei Polizeimeldungen sind die Nationalitäten anzugeben». Diese verlangt genau das: In polizeilichen Medienmitteilungen soll wieder immer die Nationalität der mutmasslichen Täter und Opfer angegeben werden. Die Initiative geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie will, dass die Polizei auf Anfrage gar einen allfälligen Migrationshintergrund bekannt gibt, etwa bei Eingebürgerten.

SVP-Forderung kommt nicht gut an

Unterstützt wird die Initiative neben der SVP nur von der EDU. Trotzdem ist man sich in den anderen Parteien keineswegs einig, wie die Abstimmung im Idealfall ausgehen soll. Denn nicht nur über die Initiative, sondern auch über einen Gegenvorschlag können die Zürcher am 7. März entscheiden.

Der Gegenvorschlag lehnt vor allem die Angaben zum Migrationshintergrund ab – sonst «müssten wir bei der Kantonspolizei eine Abteilung für Ahnenforschung schaffen», kritisierte Sicherheitsdirektor Mario Fehr (62, SP) die Vorlage. Der Kantonsrat war aber der Meinung, dass die Nationalität der betroffenen Personen gleichwohl wieder angegeben werden soll.

Knatsch um Gegenvorschlag

So nahm er den Gegenvorschlag mit 112 zu 37 Stimmen an – denn die SVP hatte in Aussicht gestellt, ihre Initiative bei einer Annahme des Gegenvorschlags zurückzuziehen. Doch die Zürcher Jungsozialisten und Jungen Grünen machten den Zürcher Abgeordneten einen Strich durch die Rechnung – sie ergriffen das Referendum gegen den Entscheid. Was einigen in den Mutterparteien gar nicht schmeckte: Damit biete man der SVP eine Bühne, um ihre Themen medienwirksamer zu bewirtschaften.

Nun kommt es am 7. März zur Volksabstimmung über Initiative und Gegenvorschlag. Eine Ja-Parole für den Gegenvorschlag haben FDP, CVP und EVP eingelegt. Gegen beide Vorlagen stellen sich SP, GLP und die Grünen. Allerdings unterstützen einige Politiker im linksgrünen Lager den Gegenvorschlag.

«Vorlage spaltet Gesellschaft»

Doch die Mehrheit der Linken findet: Kompromisse soll man nur da schmieden, wo es vertretbar ist. «Das ist bei den beiden Vorlagen nicht der Fall», erklärt die SP-Kantonsrätin Sarah Akanji (28) in einem Streitgespräch in der NZZ. Die Vorlage spalte die Gesellschaft, denn durch die Nennung der Nationalität würden Vorurteile, die es bereits gegenüber gewissen Bevölkerungsschichten gibt, noch verfestigt werden. Ausserdem würden andere Faktoren wie sozialer Status Straftaten viel eher erklären als die Nationalität.

Ganz anders sieht das die Präsidentin der Jungen SVP, Camille Lothe (27). Sie findet, die Nationalität sei einfach eine neutrale Information. «Ihre Nennung kann aber im Gegenteil gerade dazu beitragen, Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen», meint sie. Denn so schaffe man Transparenz. Ausserdem spiele bei gewissen Verbrechen die Nationalität doch eine Rolle. «Bei Ehrenmorden zum Beispiel.»

Umland hat Einfluss auf Stadt

Wem die Zürcher Bevölkerung eher zustimmt, wird sich am 7. März zeigen. Die links-grünen Gegner müssen sich auf eine Niederlage einstellen. Zwar galt in den Augen der SVP eigentlich ausschliesslich die Zürcher Stadtpolizei als «problematisch». Doch weil das Polizeigesetz auf kantonaler Ebene gilt, musste eine kantonale Lösung her. So könnte das bürgerliche Zürcher Umland die eher linke Stadt überstimmen.


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