Ein eiskalter Job
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Corona-Impfung:Ein eiskalter Job für die Armee

Hier lagert der Corona-Impfstoff bei minus 70 Grad – Blick zu Besuch bei der Armeeapotheke
Ein eiskalter Job

Es ist ein Prestigejob – und ein Risiko: Ab der Landesgrenze und bis zum Moment, wo die Kantone übernehmen, ist die Armeeapotheke für die Corona-Impfstoffe verantwortlich.
Publiziert: 28.12.2020 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 02.06.2021 um 21:20 Uhr
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So sieht er aus, der Corona-Impfstoff: In dieser flachen Schachtel lagern 975 Dosen.
Foto: Sermîn Faki
Sermîn Faki

Die Hoffnung liegt in einem kleinen flachen Pappkarton. Darin lagern 195 Fläschchen Comirnaty mit je fünf Impfdosen gegen das Coronavirus. 60 Sekunden hat die Mitarbeiterin der Armeeapotheke, um die Schachtel zu zeigen, dann müssen die Ampullen wieder in den Tiefkühler. Oder besser Ultratiefkühler, denn der Impfstoff von Biontech/Pfizer darf bei höchstens minus 70 Grad gelagert werden – sonst wird er unbrauchbar.

Die Lagerung stellt die Armeeapotheke, die für die Impflogistik verantwortlich ist, vor gewisse Herausforderungen. «Wir haben uns in den letzten Monaten darauf intensiv vorbereitet», beruhigt Chef Daniel Aeschbach am Hauptsitz der Armeeapotheke in Ittigen bei Bern. Er ist verantwortlich, dass den Impfdosen nichts passiert, bis sie an die Kantone abgegeben werden.

Die Temperatur wird lückenlos kontrolliert

An der Schweizer Grenze – etwa am Flughafen – übernimmt die Armeeapotheke die Impfdosen vom Logistiker des Herstellers. Zuerst werden Anzahl und Qualität geprüft: Wurden exakt so viele Dosen geliefert wie abgemacht? Wurde die Kühlkette eingehalten? Um das zu kontrollieren, liegen jeder Lieferung sogenannte Temperaturlogger bei, die sekundengenau aufzeichnen, wie warm es in der Transportbox ist. Per USB-Stick werden die Daten ausgelesen und kontrolliert.

Ist mit der Lieferung alles in Ordnung, lädt die Armee sie in ihre eigenen Kühllaster und transportiert sie in eigene Lagerhallen – deren Anzahl und Standorte streng geheim sind. Hier kommen sie in Ultratiefkühler, bis die Kantone, die für die Impfung an sich zuständig sind, sie anfordern.

Lieferung just in time

Jeder Kanton bekommt eine bestimmte Anzahl – die einzelnen Kontingente hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) anhand von Impfplan und Bevölkerungsgrösse des Kantons festgelegt. Damit die Kantone keine teuren Lagermöglichkeiten aufbauen müssen, werden sie erst dann beliefert, wenn sie die Impfstoffe brauchen. Ein Kanton meldet bis 15 Uhr, wie viele Dosen er aus seinem Kontingent will und wird am Folgetag damit beliefert. Die kleinste mögliche Bestellmenge sind 975 Dosen. Obendrauf gibt es armeeeigene Impfsets mit Kanülen, Spritzen, Tupfern.

Das Umpacken der Dosen für den Transport ist anspruchsvoll. Denn um den Impfstoff zu schützen, wird er für den Transport jeweils in Isolierboxen gepackt, die mit Trockeneis befüllt werden. Ein gefährlicher Job, weil der Kontakt mit den Eispellets zu Hautverbrennungen und gar massiven Augenschäden führen kann. Zudem setzt das Eis CO2 frei – in kleinen Räumen besteht die Gefahr des Erstickungstods.

Schutz vor Diebstahl und Cyberkriminellen

Die Mitarbeiter arbeiten daher mit Lederschürze, speziellen Handschuhen sowie Schutzbrillen und tragen ein CO2-Messgerät auf sich, das Alarm auslöst, wenn der Sauerstoffgehalt der Luft zu gering wird.

Auch für Lagerung und Transport gelten umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen. So muss der Impfstoff vor Diebstahl und die Lager vor Cyberkriminellen geschützt werden. Wie genau die Armee das macht, will sie nicht verraten. Nur so viel: Ist ein Transport unterwegs, wird der Lastwagen getrackt – die Armee weiss also immer, wo sich eine Lieferung gerade befindet.

Der Stresstest steht noch bevor

Die Armeeapotheke ist so lange für den Impfstoff verantwortlich, bis er den Kantonen übergeben wurde. Dann sind diese am Zug. Manche Kantone haben in den Spitälern selbst eigene Ultratiefkühlschränke, andere nehmen die Leistungen von Logistikspezialisten in Anspruch. Oder aber sie verimpfen sofort. Dafür haben sie fünf Tage Zeit – so lange hält der einmal aufgetaute Impfstoff.

Im Moment wird das das normale Vorgehen sein – letzte Woche wurden der Schweiz lediglich 107'000 Impfdosen geliefert. Die meisten davon sind gemäss Aeschbach bereits bei den Kantonen, die in diesen Tagen mit dem Impfen beginnen.

Der Stresstest für Armeeapotheke und Kantone kommt erst im Frühjahr, wenn sie sich um die Lagerung, Verteilung und Verimpfung von mehreren Millionen Dosen kümmern müssen.

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