Hickhack um Schweizer Botschafter
Prozess gegen russische Ex-Angestellte

​Eine Mitarbeiterin der Schweizer Botschaft in Moskau soll Geld ergaunert haben. Daraufhin warf sie dem Botschafter sexuelle Belästigung vor – nun hat der Gerichtsprozess begonnen.
Publiziert: 14.03.2021 um 14:32 Uhr
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Aktualisiert: 31.03.2021 um 16:50 Uhr
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Yves Rossier war bis vor kurzem Schweizer Botschafter in Moskau.
Foto: TASS
Camilla Alabor

Am Anfang stand der Vorwurf, Natalia Poluektowa, Mitarbeiterin der Schweizer Botschaft in Russland, habe über Jahre Geld erschwindelt: Die Dolmetscherin habe zahlreiche medizinische Dokumente und einen Invalidenausweis gefälscht, um von der Botschaft Entschädigungen zu erhalten.

Die Vorwürfe stammen vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Dieses reichte im August 2019 Strafanzeige gegen Poluektowa ein. Gemäss Aussendepartement beläuft sich die Schadenssumme auf über 4,8 Millionen Rubel oder rund 61 '000 Franken.

Mit diesen Vorwürfen konfrontiert, gelangte die Ex-Mitarbeiterin ihrerseits mit Beschuldigungen an die Medien. Der damalige Schweizer Botschafter in Moskau, Yves Rossier, habe sie sexuell belästigt und in ihrem Hotelzimmer besucht, sagt die Dolmetscherin. Weil sie seine Avancen zurückgewiesen habe, habe der Botschafter sie entlassen.

EDA: Aussagen sind «verleumderisch»

Russische Medien griffen den Fall damals auf – jetzt sorgt die Affäre erneut für Schlagzeilen, da das Gerichtsverfahren am Mittwoch in Moskau begonnen hat. Natalia Poluektowa hält an ihrer Version der Tatsachen fest; das Schweizer Aussendepartement dementiert diese «verleumderischen» Aussagen auf Anfrage von SonntagsBlick.

«Im Zusammenhang mit ihrer unverzüglichen Freistellung hatte die ehemalige Mitarbeiterin gegen den Botschafter Vorwürfe erhoben», schreibt das EDA. «Die Bundesbehörden haben diese Vorwürfe untersucht. Es wurden jedoch keinerlei Indizien für ein fehlerhaftes Verhalten des Botschafters gefunden.» Vielmehr habe der Anwalt der Angeklagten der Schweizer Botschaft im Juli 2019 eine ganze Reihe von Anschuldigungen präsentiert: Neben sexueller Belästigung soll sich Botschafter Rossier der Bestechlichkeit und der Kooperation mit der tschetschenischen Mafia schuldig gemacht haben.

Schweiz liess sich nicht erpressen

«Der Anwalt der Angeklagten betonte, mit einer finanziellen Abfindung an die ehemalige Mitarbeiterin könne die Botschaft verhindern, dass diese Vorwürfe an die Medien gelangten», schreibt das Aussendepartement weiter. Offensichtlich ging die Schweiz darauf nicht ein.

Inzwischen sind die Ermittlungen gegen Poluektowa abgeschlossen. Die russische Staatsanwaltschaft hat laut EDA die Klageschrift vorgelegt: Die Anklage lautet auf schwerwiegenden Betrug. Yves Rossier seinerseits ist nicht mehr in Moskau tätig. Er hat das EDA Ende Februar auf eigenen Wunsch verlassen, wobei dieses betont, zwischen Rossiers Abgang und dem Gerichtsprozess bestehe kein Zusammenhang. «Das EDA ist dankbar, dass Botschafter Rossier den Betrugsfall vor über zwei Jahren aufgedeckt und zur Anzeige gebracht hat.»

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