Zoff um den EU-Botschafter
Fütterte Cassis den Bundesrat mit Falschinfo?

Der Entscheid um den EU-Botschafter-Posten basiert auf einer Falschinformation, deckt der «Tages-Anzeiger» heute auf. Bundesrat Ignazio Cassis zieht dem profilierten Diplomaten Alexandre Fasel die relativ unerfahrerene Rom-Botschafterin Rita Adam vor.
Publiziert: 06.01.2021 um 11:38 Uhr
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Aktualisiert: 13.03.2021 um 18:45 Uhr
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Anstatt den Posten des EU-Botschafters an den profilierten Diplomaten Alexandre Fasel zu geben, bestimmt der Bundesrat die Rom-Botschafterin Rita Adam.
Foto: Screenshot

Der Entscheid kam unerwartet: Rita Adam (51), zurzeit in Rom stationiert, wird die neue EU-Botschafterin der Schweiz. So entschied der Bundesrat Ende November. Unerwartet war die Ernennung von Adam darum, weil sie eigentlich gar noch nicht zur regulären Versetzung alle vier Jahre anstand – die Bielerin ist erst seit zwei Jahren in Rom.

Dazu kommt, dass im Aussendepartement (EDA) eigentlich der in London stationierte Diplomat Alexandre Fasel (59) als Favorit für den Posten gehandelt wurde. Im Verlauf seiner Karriere befasste sich Fasel so intensiv wie kaum jemand mit der EU – und vor allem mit dem Brexit. Wichtiges Know-how in Verhandlungen um das Rahmenabkommen. Er schien ideal für die Stelle als EU-Botschafter.

«Fasel will nach Kairo, nicht nach Brüssel»

Doch wie Recherchen des «Tages-Anzeigers» nun aufzeigen, wollte es die EDA-Spitze unter Ignazio Cassis (59) anders. Im Rahmen einer «grösseren Botschafter-Rochade» beantragte Cassis demnach, dass Rita Adam nach Brüssel solle.

Erstaunen machte sich im Bundesrat breit – Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) hakte laut dem Artikel wegen Fasel nach. Die Antwort darauf von Cassis stellt sich später als falsch heraus: Fasel solle in einer nächsten Runde als Botschafter nach Ägypten versetzt werden – schliesslich sei Kairo seine Wunschdestination. Dem Bundesrat reichte diese Antwort, man segnete die Botschafter-Rochade ab. Cassis Aussage zu Fasel sei im offiziellen Bundesratsprotokoll schriftlich so festgehalten worden.

Falschinformation vom EDA

Dass es sich dabei um eine Falschaussage handle, deckte der «Tages-Anzeiger» mit Hilfe «mehrerer zuverlässiger Quellen» nun auf. Fasel selber reagierte nicht auf Anfragen. Und Bundesratssprecher André Simonazzi sagte bloss: «Die Beratung im Bundesrat ist nicht öffentlich.»

Das EDA redet sich heraus, die Versetzung Fasels nach Kairo sei zum damaligen Zeitpunkt «ein wahrscheinliches Szenario gewesen». Das sei von der zuständigen EDA-Direktion so vorgeschlagen worden. Die Aussage könnte darauf hindeuten, dass Cassis von seinen eigenen Leuten falsch informiert wurde.

Cassis muss sich vor APK erklären

Dass interne Kritiker der EDA-Spitze schon seit geraumer Zeit vorwerfen, profilierte Diplomaten durch folgsamere Leute zu ersetzen, giesst zusätzlich Öl ins Feuer. Von «Machtspielen» und «Stalinismus» ist die Rede. Das machten die CH-Media-Zeitungen am Montag publik.

Diese schreiben heute, dass sich nicht nur EDA-Angestellte, sondern auch Politiker über die Weise des EDAs empören. Cassis müsse sich Mitte Januar in einer Sitzung der Aussenpolitischen Kommission (APK) erklären.

Nach Kairo möchte Fasel nicht

Die GLP-Nationalrätin und Präsidentin der APK, Tiana Moser (41), sagt gegenüber CH-Media: «Die Personalpolitik im Einzelfall ist Sache des EDA. Als zuständige Kommission darf die APK erwarten, dass die Entscheide nach transparenten Kriterien erfolgen und plausibel sind. Die letzten Rochaden haben jedoch Fragen ausgelöst, die nun in der Kommission geklärt werden sollen, und damit die Plausibilität hergestellt werden kann.»

Warum Favorit Fasel nach Ägypten statt nach Brüssel versetzt werden sollte, will man in der Sitzung mit Cassis ein für allemal klären. Klar ist bis anhin laut dem «Tages-Anzeiger» nur: Fasel hat den Posten in Kairo offenbar dankend abgelehnt. (dbn)


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