Seit 2016 ist die Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative in Kraft. Seit damals ist klar: Wenn gewisse Delikte von Ausländern begangen werden, müssen sie nach einer Verurteilung die Schweiz verlassen. So wollte es eine Mehrheit des Stimmvolks.
Allerdings zeigt eine von CH Media ausgewertete Statistik, dass sich hierzulande noch immer keine einheitliche Praxis zur Anwendung der Landesverweise etabliert hat. Die Unterschiede zwischen den Kantonen waren letztes Jahr gross.
Graubünden und Thurgau strenger
Während in den Kantonen Graubünden, Thurgau und Solothurn drei Viertel der kriminellen Ausländer, die eine sogenannte Katalogtat begangen haben, die Schweiz verlassen müssen, sind es in den Westschweizer Kantonen Freiburg, Neuenburg und Jura nur ein Drittel oder ein Viertel, berichtet CH Media.
Weiter zeigt die Auswertung, dass alle verurteilten ausländischen Mörder das Land verlassen müssen, bei Sozialhilfebetrügern und Verbreitern von Kinderpornografie sind es dagegen weniger als zehn Prozent. Dabei ist die Landesverweisung grundsätzlich auch in diesen Fällen obligatorisch und die sogenannte Härtefallklausel nur für Ausnahmen vorgesehen.
Härtefallklausel macht es möglich
Grund für die Milde ist eben die sogenannte Härtefallklausel. Diese erlaubt es, dass «ausnahmsweise» von einer Ausschaffung abgesehen wird, wenn ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt. Diesen Passus wollte die SVP mit der Durchsetzungsinitiative kippen – verlor die Abstimmung 2016 aber klar.
Doch auch die zuständige Nationalratskommission findet, dass ausländische Gewaltverbrecher und -verbrecherinnen zu wenig konsequent des Landes verwiesen werden. Sie forderte im Mai eine Gesetzesanpassung, wonach die Gerichte die Härtefallklausel künftig weniger oft anwenden sollen.
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hat einen entsprechenden Vorstoss von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (60) gutgeheissen. Als Nächstes muss die Schwesterkommission im Ständerat darüber befinden.
Die offizielle Statistik des Bundes zeigt übrigens auch nur, wie viele Landesverweise Schweizer Richter ausgesprochen haben. Wie gross die Zahl derjenigen ist, die dennoch im Land bleiben – darüber gibt sie keine Auskunft.