Der Strafregisterauszug des jungen Mannes ist lang. Zwischen 2015 und 2021 ist der Ägypter unter anderem wegen Diebstahls, Körperverletzung, Raubs, Sachbeschädigung, Brandstiftung, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Schwarzfahrens und mehrfacher Verstösse gegen das Strassenverkehrsgesetz verurteilt worden.
Und trotzdem erhält der Mann weiterhin Asyl in der Schweiz. Das berichtet die «SonntagsZeitung», gestützt auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Der Dauer-Delinquent siegte vor Gericht gegen die Migrationsbehörden des Bundes – weil diese aus Sicht der Richterinnen und Richter geschlampt haben.
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Rüffel an Migrationsbehörden
Der junge Ägypter war 2013 in der Schweiz als Flüchtling anerkannt worden, er war damals noch minderjährig. Zwei Jahre später wurde er ein erstes Mal wegen diverser Delikte von einem Jugendgericht zu sieben Monaten Freiheitsstrafe und zur Unterbringung in einer geschlossenen Klinik verurteilt. 2021 folgte eine weitere Verurteilung zu 20 Monaten Gefängnis, sechs davon unbedingt.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist bereits Ende vergangenen Jahres gefallen, jedoch hat der Fall bisher keine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) konnte froh drum sein. Denn das Verdikt des Gerichts lässt Fragen an der Arbeit der Behörde aufkommen. Die Richter werfen dem SEM vor, das Verfahren zum Asylwiderruf nicht sauber geführt zu haben. Es habe dem Ägypter den Asylstatus allein auf Grundlage des Strafregisterauszugs und der Strafbefehle entzogen, ohne die Akten zu den einzelnen Verfahren zu studieren. Das geht nicht, urteilt das Gericht. Es spricht von «systematischen Fehlern», die das SEM begangen habe.
Zurück zum Absender
Das Asyl kann unter anderem widerrufen werden, wenn eine Person die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz verletzt oder gefährdet oder wenn sie «besonders verwerfliche strafbare Handlungen» begangen hat. Darunter fallen in der Praxis Delikte, die mit mehr als drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Allerdings kommt es immer auf den Einzelfall an. Zudem droht kriminellen Ausländern bei bestimmten Delikten ein Landesverweis.
Im Fall des Ägypters stand ein solcher, wie aus dem Gerichtsentscheid hervorgeht, nicht zur Diskussion. Warum nicht, bleibt unklar.
Das SEM muss das Verfahren nun noch einmal neu ausrollen und sich den Fall genauer anschauen. Für den Ägypter heisst das, dass er vorerst als Flüchtling in der Schweiz bleiben kann. Und auch wenn das Asyl widerrufen würde, bedeutete das nicht, dass der Wiederholungstäter sofort ausgeschafft würde. Eine Mehrheit der Personen, deren Asyl aufgehoben wird, bleibt in der Schweiz – weil eine Ausschaffung nicht möglich, zumutbar oder rechtlich nicht zulässig ist.