Auf einen Blick
- 65 Prozent der Schweizer sind beunruhigt über die Vorstellung einer 10-Millionen-Schweiz
- Wohnungsnot und Verkehrsüberlastung sorgen mehr als Überfremdung
- Schweizer Bevölkerung wuchs letztes Jahr um 145'900 Personen
«Die Zuwanderung lässt sich nicht mehr schönreden.» So kommentieren die Herausgeber des sogenannten «Chancenbarometers 2024» die Ergebnisse ihrer repräsentativen Umfrage zum Thema Zuwanderung, die Blick in allen Details vorliegt.
Das Wichtigste vorab: 65 Prozent der 6300 Befragten beunruhigt die Perspektive einer 10-Millionen-Schweiz. Die negativen Folgen der Zuwanderung werden höher gewichtet als die positiven Effekte wie Wirtschaftswachstum.
Für die Umfrage wurden 6319 Personen aus der Deutschschweiz, Romandie und dem Tessin befragt. Die Befragung ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Der maximale Fehlerbereich beträgt +/– 1,2 Prozentpunkte. Durchgeführt wurde die Erhebung vom Umfrageinstitut Demoscope im Auftrag des «Chancenbarometers 2024» zwischen dem 25. März und 29. April 2024. Die jährliche Untersuchung soll Chancen und Handlungsbedarf der Schweiz aufzeigen. Es ist bereits die fünfte Ausgabe. Herausgeber ist der Familienunternehmer und Mäzen Jobst Wagner (65).
Für die Umfrage wurden 6319 Personen aus der Deutschschweiz, Romandie und dem Tessin befragt. Die Befragung ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung. Der maximale Fehlerbereich beträgt +/– 1,2 Prozentpunkte. Durchgeführt wurde die Erhebung vom Umfrageinstitut Demoscope im Auftrag des «Chancenbarometers 2024» zwischen dem 25. März und 29. April 2024. Die jährliche Untersuchung soll Chancen und Handlungsbedarf der Schweiz aufzeigen. Es ist bereits die fünfte Ausgabe. Herausgeber ist der Familienunternehmer und Mäzen Jobst Wagner (65).
Interessant: Nicht Migration als solche und die Angst vor Überfremdung stehen im Vordergrund, sondern Folgen der Migration wie Wohnungsnot, überlastete Infrastruktur und Umweltbelastung machen Sorgen.
Aber die Ergebnisse der Reihe nach.
Die Bevölkerung wächst – und mit ihr die Sorgen
Auf rund 9 Millionen Menschen ist die Schweizer Bevölkerung mittlerweile angewachsen. Vergangenes Jahr hat sie um 145'400 Personen zugenommen. Parallel dazu sehen immer mehr Schweizerinnen und Schweizer Handlungsbedarf. Die Grafik (unten) zeigt, wie und bei wem die Sorgen wegen Zuwanderung seit 2010 gewachsen sind.
Augenfällig: Die Anhängerschaft der Grünen und SP sehen die Zuwanderung über all die Jahre weniger problematisch als der Durchschnitt. Auch an der SVP-Basis hat sich wenig verändert, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Sie sieht seit Jahren unverändert grossen Handlungsbedarf bei der Zuwanderung. Kein Wunder: Es ist das zentrale Thema der SVP.
Während Sympathisanten von SVP und Rot-Grün ihre Meinung zur Zuwanderung kaum geändert haben, steigt die Sorge bei allen anderen, also den Wählerinnen und Wählern von FDP, Mitte, Grünliberalen und Parteilosen.
Wohnungsnot und Verkehrsüberlastung
Nur das mit Zuwanderung verbundene Wirtschaftswachstum und eine gewisse kulturelle Bereicherung werden als positiver Effekt wahrgenommen. Alle anderen 12 abgefragten Punkte bewerten die Befragten negativ, am meisten die Angst vor Wohnungsmangel und die Verkehrsüberlastung durch eine wachsende Bevölkerung. Weniger ausgeprägt, aber ebenfalls negativ werden mögliche Folgen für die innere Sicherheit, den Sozialstaat und das Gesundheitswesen eingestuft (vollständige Liste siehe Grafik).
Interessant ist die Gewichtung des Wirtschaftswachstums. Das wird zwar im Zusammenhang mit Zuwanderung als grundsätzlich positiv wahrgenommen. Aber eine Mehrheit der Bevölkerung hat nicht das Gefühl, selber vom Wirtschaftswachstum der letzten Jahre profitiert zu haben. Nur Personen mit hohem Bildungsabschluss sowie eine knappe Mehrheit der FDP-Anhänger sehen sich persönlich als Gewinner.
ÖV ausbauen und Punktesystem für Migranten
Die Frage ist nun: Was tun gegen befürchtete Folgen der Zuwanderung? Demoscope hat den Befragten 20 Vorschläge vorgelegt. 11 Massnahmen finden eine Mehrheit, 9 Vorschläge fallen durch.
Am populärsten sind der Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie Massnahmen, die das inländische Arbeitspotenzial besser nutzen: mehr Kitas, mehr Elternurlaub und steuerliche Vergünstigungen für das Arbeiten über das AHV-Alter hinaus. Eine knappe Zustimmung gibt es für die Deckelung von Mietpreisen und dem Verbot, weiteres landwirtschaftliches Land einzuzonen.
Das sind alles Massnahmen, die auf die Folgen der Zuwanderung abzielen. Aber auch zur Regelung der Migration selber gibt es Vorschläge, die gut ankommen. Zuoberst steht die Einführung eines Punktesystems für Zuwanderer nach Vorbild von Kanada. Dort kann nur einwandern, wer aufgrund von Ausbildung, Sprachkompetenz etc. ausreichend Punkte erhält. 65 Prozent möchten das auch für die Schweiz. Immerhin 53 Prozent unterstützen zudem eine Zuwanderungsabgabe; Personen müssten in ihren ersten Jahren in der Schweiz einen höheren Beitrag an die öffentliche Infrastruktur leisten.
Diese Massnahmen fallen beim Volk durch
Es gibt aber auch Massnahmen, die den meisten Schweizerinnen und Schweizern zu weit gehen. Einfach mehr Strassen bauen etwa oder die Einführung eines flächendeckenden Mobility Pricings, also einer Abgabe für jeden gefahrenen Kilometer mit dem Auto (siehe Grafik).
Und: Extreme Vorschläge im Umgang mit Zuwanderungskontrollen geht einer deutlichen Mehrheit zu weit. Nur 19 Prozent wollen völlige offene Grenzen ohne Regulierung. Umgekehrt wollen nur 28 Prozent gar keine Zuwanderung mehr zulassen.
61 Prozent lehnen das ab. Nicht abgefragt wurde, was die Bevölkerung von der 10-Millionen-Initiative der SVP hält. Diese fordert, dass die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz vor dem Jahr 2050 zehn Millionen nicht überschreiten darf. Politgeograf Michael Hermann (53) schätzt die Chancen dieser Volksinitiative derzeit aber als durchaus gut ein, wie er im Blick-Interview ausführt.