«Ukraine-Krieg stösst Diskussion über Neutralität an»
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Politikredaktor über Studie:«Ukraine-Krieg stösst Diskussion über Neutralität an»

Grosse ETH-Studie
Glaube an Neutralität beginnt zu bröckeln

Der Ukraine-Krieg lässt die Schweizer umdenken. Die Neutralität steht plötzlich nicht mehr über allem. Eine Annäherung an die Nato wird denkbar und Russland-Sanktionen werden unterstützt. Das zeigt eine neue ETH-Studie.
Publiziert: 14.07.2022 um 09:23 Uhr
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Aktualisiert: 14.07.2022 um 14:06 Uhr
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Der Angriffskrieg des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin in der Ukraine führt auch bei der Schweizer Bevölkerung zu einem Stimmungswechsel.
Foto: IMAGO/SNA

Der Ukraine-Krieg führt zum Stimmungswechsel im Land. Mittlerweile beginnt sogar der Glaube an die mythen-beladene Neutralität der Eidgenossenschaft zu bröckeln – erstmals seit 20 Jahren. Zwar stehen noch immer 89 Prozent klar hinter dem Neutralitätsprinzip. Im Vergleich zum Januar sind das aber doch acht Prozentpunkte weniger.

Allgemein wird die Neutralität deutlich kritischer betrachtet als in den letzten Jahren. Zu diesem Fazit kommt eine Nachbefragung der Studie «Sicherheit 2022» von der Militärakademie (MILAK) und dem Center for Security Studies (CSS) der ETH Zürich. Heute seien nur noch 58 Prozent der Bevölkerung davon überzeugt, dass uns die Neutralität vor internationalen Konflikten schützt. Im Januar waren es noch 69 Prozent.

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Mehrheit für Annäherung an Nato

«Es zeigt sich, dass der Krieg in der Ukraine die Einstellung der Schweizer Bevölkerung zu sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen signifikant verändert hat», betonte auch Studienleiter Tibor Szvircsev bei der Präsentation am Donnerstag. Und das sogar noch mehr als andere Grosskatastrophen in der Vergangenheit, ergänzte Mitautor Jacques Robert.

Heute sei mit 35 Prozent ein gutes Drittel der Stimmbevölkerung der Meinung, dass ein europäisches Verteidigungsbündnis mehr Sicherheit bringen würde als die Beibehaltung der Neutralität. Das sind immerhin 12 Prozentpunkte mehr als noch im Januar: «Es treten somit vermehrt kritische Stimmen zur Realisierbarkeit der Neutralität auf.» Ebenfalls bemerkenswert: Mit 52 Prozent sei die Zustimmung zu einer Annäherung an das westliche Verteidigungsbündnis Nato auf einem Höchststand (+7 Prozentpunkte).

«Es geht eher um das Bauchgefühl»

Allerdings: Wie diese Annäherung stattfinden soll, wurde nicht erfragt. «Es geht eher um das Bauchgefühl», so Szvircsev. Irgendwie merke die Bevölkerung, dass eine Annäherung an ein Verteidigungsbündnis eine Alternative zur Neutralität sei.

Insgesamt sei die Haltung auf dem Vormarsch, dass eine Mitgliedschaft in einem europäischen Verteidigungsbündnis der Schweiz mehr Sicherheit bringen würde als die Beibehaltung der Neutralität, bilanzieren die Studienautoren. «Es bestehen vermehrt Zweifel am Nutzen der Neutralität - insbesondere bei links eingestellten Menschen», sagte Robert.

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Klare Mehrheit für Sanktionen

Und ebenfalls sehr deutlich: Satte 77 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer finden es richtig, dass die Schweiz die Sanktionen gegenüber Russland mitträgt. Und 71 Prozent sind der Meinung, dass die Sanktionen mit der Neutralität vereinbar sind. Zunehmend als Hindernis für die Neutralität werde hingegen die internationale Verflechtung der Schweiz gesehen. 39 Prozent (+10 Prozentpunkte) sehen deshalb Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Neutralität.

Gleichzeitig erachten 80 Prozent der Bevölkerung die Schweizer Armee nochmals als notwendiger (+5 Prozentpunkte). Vor allem aber habe die Forderung nach einer «vollständig ausgerüsteten» Armee zugenommen und erreiche einen Höchstwert von 74 Prozent. Wegen des Ukraine-Kriegs sind Herr und Frau Schweizer auch vermehrt bereit, mehr Geld für die Verteidigung auszugeben.

Armee soll gestärkt werden

19 Prozent erachten die Armeeausgaben als «zu wenig» hoch. Das entspricht einer Steigerung von 12 Prozentpunkten. Seit Messbeginn in den 1980er-Jahren war dieser Anteil noch nie so gross. Die Meinung, dass die Schweiz «zu viel» für die Verteidigung ausgibt, wird hingegen noch von 30 Prozent vertreten. Dies entspricht einem Rückgang von 12 Prozentpunkten und ist der bisher tiefste je gemessene Wert. (dba)

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