GLP-Bäumle zum Ukraine-Krieg
«Schweiz muss ihre Neutralität besser ausspielen»

Der Krieg in der Ukraine dauert nun seit fast vier Monaten an. Ebenso lange wird auch die Rolle der Schweiz bei der Bewältigung des Konflikts diskutiert. Für Martin Bäumle tut die Schweiz derzeit zu wenig von dem, was sie am besten kann: ihre guten Dienste anbieten.
Publiziert: 13.06.2022 um 12:22 Uhr
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Nationalrat Martin Bäumle kritisierte das Verhalten der Schweiz beim Ukraine-Krieg.

Im Interview mit der «Aargauer Zeitung» kritisiert GLP-Nationalrat Martin Bäumle (58) das Verhalten der Schweiz und des Bundesrates im Ukraine-Krieg.

Für ihn ist auch klar: Um Frieden zu erreichen, müssen sich alle Beteiligten kompromissbereit zeigen – auch die Ukraine werde Russland entgegenkommen müssen.

Schweiz soll auf die Neutralitätskarte setzen

Was kann die Schweiz als kleines Land gegen den Krieg in der Ukraine tun? Sie müsse ihre Neutralität besser ausspielen, indem sie ihre guten Dienste anbietet, meint der GLP-Politiker. Das mache die Schweiz im Moment viel zu wenig, findet Bäumle.

Dies sei auch seine Erwartung an den Bundesrat. «Statt über Waffenlieferungen zu debattieren und sich treiben zu lassen» oder die Schaffung einer Oligarchen-Taskforce zu diskutieren, sollte der Fokus vielmehr auf dem Ziel sein, ein Friedensabkommen herbeizuführen, so der Zürcher.

Die Schweiz habe bislang verschiedene Chancen verpasst, ihren Einfluss spielen zu lassen. Zum Beispiel habe sie es Ende Februar versäumt, bilateralen Kontakt zum russischen Aussenminister Sergej Lawrow (72) herzustellen, als er Ende Februar für seine Rede beim Uno-Menschenrechtsrat nicht nach Genf reisen konnte, weil die EU den Luftraum sperrte. «Der Faden zu Russland riss immer mehr, weil die Schweiz den Kontakt zu wenig aktiv suchte», findet er.

«Cassis hatte ungeschickte Auftritte»

Harte Kritik seitens Bäumle gibt es auch für die Auftritte von Bundespräsident Ignazio Cassis (61). So zum Beispiel die «kumpelhafte» Begrüssung an die Adresse des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (44) bei einer Demonstration auf dem Bundesplatz in Bern.

Auch die Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Lugano könne missverständliche Signale senden – bereits hinterfragen diverse Stimmen im Parlament den Sinn der Veranstaltung. Dass Russland nicht zu Wort komme, könne als «reine Solidaritätsbekundung» für die Ukraine aufgefasst werden, sagt Bäumle. Die Schweiz könnte dadurch ihre wichtige Rolle als «neutrale Vermittlerin» einbüssen.

Ukraine muss kompromissbereit sein

Wie genau ein Ende des Krieges zu erreichen wäre, kann auch Bäumle nicht sagen. Für ihn ist aber klar, dass die Ukraine auf eine Nato-Mitgliedschaft verzichten muss.

Auch müsse sie sich kompromissbereit zeigen – insbesondere wenn es um die Gebiete Luhansk, Donezk und die Krim geht. Kompromissbereitschaft werde aber auch seitens des russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) nötig sein.

Mit dieser Meinung macht er sich nicht nur Freunde. «Mit meiner neutralen Rolle komme ich tatsächlich nicht immer gut an» – auch nicht bei seiner Frau Yuliya, die selbst Ukrainerin ist. Man sei sich aber im Hause Bäumle einig, dass rasch ein Weg zum Frieden gefunden werden muss. (lm)

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