Gewerkschaften trotz Plus in einigen Branchen nicht zufrieden
Wer 2022 mehr Lohn kriegt – und wer nicht

Das neue Jahr bringt für zahlreiche Arbeitnehmende mehr Lohn. Allerdings ist das Plus in den meisten Fällen bescheiden. Zu bescheiden, kritisieren die Gewerkschaften.
Publiziert: 20.12.2021 um 09:35 Uhr
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Aktualisiert: 20.12.2021 um 13:55 Uhr
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Im Detailhandel steigen die Mindestlöhne.
Foto: Keystone

Es sind gute Nachrichten in einer Zeit, in der diese sonst gerade ziemlich rar sind: 2022 werden viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas mehr Geld auf dem Lohnkonto haben als bisher. In diversen Branchen steigen die Gehälter stärker als die Teuerung. Das stellt der Gewerkschafts-Dachverband TravailSuisse fest.

In der Industrie beispielsweise seien die Lohnabschlüsse deutlich besser als im Vorjahr. Auch in den Gewerbebranchen Transport, Logistik und Verwaltung habe man «insgesamt genügende bis zufriedenstellende Ergebisse» erzielen können, teilt TravailSuisse mit. Teilweise komme es zu Lohnerhöhungen von bis zu einem Prozent.

Positiv fällt die Lohnrunde auch im Detailhandel aus. Mit der Migros habe nun auch der letzte Grossverteiler den Mindestlohn auf über 4000 Franken – ausser im Tessin – angehoben. Neu verdient eine Verkäuferin im 100-Prozent-Pensum mindestens 4100 Franken. Gleich viel ist es bei Coop.

Gewerkschaften fordern mehr

Zufrieden sind die Gewerkschaften aber trotzdem nicht. Angesichts des Wirtschaftsaufschwungs, den die Schweiz dieses Jahr trotz der Corona-Krise erlebte, verlangen sie mehr. Kritisiert wird insbesondere, dass Lohnerhöhungen häufig nur individuell gewährt werden – und nicht generell für alle Angestellten.

«In Zeiten steigender Preise braucht es generelle Lohnerhöhungen. Die Arbeitnehmenden haben in den letzten Monaten unter teilweise widrigen Umständen hervorragende Arbeit geleistet. Es ist problematisch, mittels individueller Lohnerhöhungen jetzt nur Einzelne dafür zu belohnen», sagt Greta Gysin, Co-Präsidentin des Service-Public-Personalverbands Transfair.

Besonders stossend finden die Gewerkschaften, dass gerade im Gesundheitswesen die Arbeitgeber nicht grosszügiger sind. «Leider kommen in den meisten Betrieben nur die hochqualifizierten Berufsgruppen in den Genuss einer moderaten Lohnerhöhung», sagt Syna-Zentralsekretär Marco Geu. Bis auf einige Ausnahmen blieben die Erhöhungen deutlich unter einem Prozent und würden meist nur individuell gewährt.

Erneut Nullrunde auf dem Bau

Unbefriedigend ist die Situation aus Gewerkschaftssicht auch auf dem Bau. Dort komme es erneut zu einer Nullrunde. Die Gewerkschaft Syna wirft den Baumeistern vor, sich zu «Corona-Profiteuren» zu machen.

Bäckerinnen und Bäcker sowie Coiffeusen und Coiffeure haben nächstes Jahr ebenfalls nicht mehr auf dem Lohnkonto. Auch die Situation im Gastgewerbe bereitet den Arbeitnehmervertretern Sorgen. Im Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes werde es auch 2022 keine nennenswerte Lohnerhöhung geben, kritisiert Syna. Der tiefste Mindestlohn verharre auf unter 3500 Franken. «Von solch einem Lohn kann in der Schweiz faktisch niemand leben.» (lha)


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