Ihre Zukunftspläne behielt Ada Marra (50) nach ihrer Rücktrittsankündigung lange für sich. Im Dezember 2022 gab die SP-Nationalrätin bekannt, bei den Wahlen 2023 nicht mehr antreten zu wollen. Sie hat von 2007 bis 2023 den Kanton Waadt im Nationalrat vertreten.
Nun ist die ehemalige Politikerin in ihrem zweiten Berufsleben angekommen. Sie hat einen neuen Job. In einem Gastbeitrag im Westschweizer Magazin «Femina» schreibt sie: «Hallo, ich bin die Praktikantin der Seelsorgerin!» Darin erzählt sie von ihrem neuen Beruf im Spital von Morges VD.
«Mein neues Leben!»
Sie beschreibt, wie sie am 1. November, ihrem ersten Arbeitstag, den weissen Kittel angezogen habe und in der Schlange in der Kantine gefragt worden sei: «Sind Sie Ärztin?» Ihrer Familie und den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen schickte sie ein Foto von sich mit der knappen Nachricht: «Mein neues Leben!»
Ihr neuer Job habe durchaus Parallelen zu ihrer ehemaligen Tätigkeit als Politikerin. In beiden Berufen gehe es darum, sich um andere Menschen zu kümmern, damit sie so gut wie möglich leben können. Darum werde sie auch ihre erste Visite, an der sie teilnahm, nie mehr vergessen, schreibt Marra.
Zuhören als wichtige Eigenschaft
Sie habe gemeinsam mit ihrer Ausbilderin einen Patienten besucht, der an Krebs erkrankt war. Nach mehreren Chemotherapien, von denen die erste vielversprechend war, sich später aber als wirkungslos erwies, mussten sie gemeinsam eine Entscheidung treffen. Eine weitere Chemotherapie beginnen, obwohl sie davon ausgehen mussten, dass dies angesichts des körperlichen Zustands des Mannes vielleicht sinnlos war?
Der Mann habe nicht mehr wirklich gewollt. Seine Frau aber schon. Sie sei eine Kämpferin gewesen, die nicht aufgeben wollte. Der Mann sei vier Tage nach dem Gespräch schliesslich gestorben. Aber diese erste Begegnung habe ihr gezeigt, dass Zuhören einer der wichtigsten Aspekte der Seelsorge in einem Spital sei, in dem sich die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegle.
Grosse Herausforderung
Allerdings gebe es auch weniger ernste Momente. So oder so: Die Herausforderung im neuen Beruf sei gross: in einen Raum zu gehen, um einen ersten Kontakt herzustellen – ohne diesen Menschen vorher je begegnet zu sein.
Denn der Spitalaufenthalt sei für Patientinnen und Patienten immer auch eine Zwangspause, führt sie in ihrem Beitrag weiter aus. Und ihr scheine, dass diese Zeit ein Mittel sein könne, die Kontrolle wiederzuerlangen oder einen Sinn in dieser erzwungenen Geduld zu finden. Dabei wolle sie die Patienten gern unterstützen. (oco)