«Es ist für mich und die Partei der richtige Zeitpunkt»
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Pfister zu seinem Rücktritt:«Es ist für mich und die Partei der richtige Zeitpunkt»

Gerhard Pfister übergibt das Zepter
Der Mitte-König tritt ab

Mitte-Präsident Gerhard Pfister gibt sein Amt im Sommer ab. Der Zuger Nationalrat führte die Partei neun Jahre lang und brachte sie währenddessen wieder auf Vordermann.
Publiziert: 06.01.2025 um 17:27 Uhr
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Aktualisiert: 06.01.2025 um 18:39 Uhr
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Gerhard Pfister gibt den Mitte-Chefposten ab.
Foto: keystone-sda.ch

Auf einen Blick

  • Mitte-Präsident Gerhard Pfister tritt im Sommer zurück
  • Fusion von CVP und BDP zur neuen Partei «Die Mitte» war Pfisters Meisterstück
  • Seine Ständeräte hatte Pfister aber nicht im Griff
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Der Mitte-König tritt ab! Just am traditionellen Dreikönigsgespräch mit den Medien liess Parteichef Gerhard Pfister (62) die Bombe platzen: Er gibt im Sommer seinen Chefposten ab – nach neun Jahren im Amt. «Es ist der richtige Zeitpunkt, den Stab weiterzureichen», meinte Pfister mit einem schelmischen Lächeln, nachdem er zuvor mit seinen Parteikollegen über EU-Verhandlungen, Gesundheitspolitik und AHV-Ehepaarrenten geplaudert hatte.

Der Zuger Nationalrat wird nun vielmehr das Zepter weiterreichen. Denn in seiner Amtszeit hat er die Partei auf Vordermann gebracht. Als er die damalige CVP im April 2016 übernahm, befand sich die Partei in einem rasanten Sinkflug. Nur 11,7 Prozent der Wählerschaft gaben ihr im Jahr zuvor ihre Stimme. Bei den nationalen Wahlen letztes Jahr waren es 14,1 Prozent.

Kehrtwende brauchte Geduld

Für diese Kehrtwende war allerdings Geduld gefragt. «Ein Turnaround kann Jahre brauchen, wir werden ihn aber schaffen!», sagte Pfister im Herbst 2016 zu Blick. Bei den Wahlen 2019 musste er mit 11,4 Prozent nochmals einen Dämpfer hinnehmen. Als gewiefter Stratege denkt Pfister aber längerfristig. Den Erneuerungsprozess für seine Partei richtete er mit 2025 auf einen weiteren Zeithorizont aus.

Sein Meisterstück: Die Fusion 2020 von CVP und BDP zur neuen Partei «Die Mitte». Den Mief der katholischen Milieupartei streifte er damit endgültig ab. Pfister absorbierte nicht nur die bisherige BDP-Basis, sondern öffnete auch neuen Wählersegmenten die Türe.

«Es ist für mich und die Partei der richtige Zeitpunkt»
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Pfister zu seinem Rücktritt:«Es ist für mich und die Partei der richtige Zeitpunkt»

Damit schafft er bei den letzten Wahlen einen Überraschungscoup: Die Mitte mutierte zur drittstärksten Fraktion im Bundeshaus und überholte die FDP. «Ein Meilenstein, der zeigt, dass unser Kurs richtig ist», wie Pfister genüsslich betonte.

Und beinahe schaffte er die Sensation, die FDP auch in der Parteienstärke hinter sich zu lassen. Wobei sich der Zuger überzeugt zeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, den Freisinn auch hier als drittstärkste Kraft vom Podium zu stossen – und damit den zweiten Bundesratssitz zurückzuholen.

Wertedebatte und sozialer Kurs

Inhaltlich brauchte es einige Zeit, bis Pfister einen neuen Kurs zu justieren vermochte. Zu Beginn seiner Präsidentschaft forcierte er eine Wertedebatte und präsentierte sich als Verteidiger des Abendlands. Er unterstützte etwa auch ein Burkaverbot.

Zudem prägte er das Label «bürgerlich-sozial». Zwar wird der Begriff kaum so gebraucht, doch den sozialen Aspekt streicht Pfister immer wieder hervor. So spannte er bei der AHV-Frage immer wieder mit der SP zusammen. Bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente ist ein Mitte-Links-Deal ebenso denkbar wie bei der Mitte-Initiative für höhere Ehepaarrenten. Mit Blick auf den EU-Deal macht Pfister zudem klar, dass beim Lohnschutz innenpolitische Konzessionen an die Gewerkschaften nötig sind. Damit grenzt er sich auch bewusst gegen FDP und SVP ab.

Mitunter hat ihm dies den Vorwurf eingebracht, nach links abgedriftet zu sein. «Pfister orientiert sich immer mehr nach links», schnödete SVP-Chef Marcel Dettling (43) jüngst im Blick-Interview. Ein Vorwurf, den Pfister so nicht gelten lässt. «Ich habe mich nicht verändert», macht er deutlich, auch wenn er sich als Parteichef «eingemittet» habe. Jedenfalls habe er nie Entscheide vertreten müssen, die er nicht hätte mittragen können.

Mitte-Ständeräte nicht im Griff

Ein Wermutstropfen bleibt: Die Mitte könnte der Machtfaktor im Bundeshaus sein, doch es fehlt ihr immer wieder an Durchschlagskraft. Selbstverschuldet. Pfister hatte seine Ständeräte nämlich nicht im Griff. Diese machten ihm in den letzten Jahren immer wieder einen Strich durch die Rechnung.

Beispielsweise, als es um den sofortigen AHV-Teuerungsausgleich oder eine höhere Prämienverbilligung ging. Oder jüngst beim Familiennachzug bei vorläufig Aufgenommenen, den die Fraktion eigentlich streichen wollte, aber im Ständerat an Mitte-Abweichlern scheiterte. Diesen müsse man ab und zu «höflich» in Erinnerung rufen, wem sie ihr Mandat zu verdanken hätten, meinte Pfister süffisant.

Ambitionen für den Bundesrat

Was seine politische Zukunft betrifft, so will er weiterhin Nationalrat bleiben. Vielleicht winken noch höhere Weihen, sollte Bundesrätin Viola Amherd (62) in absehbarer Zeit zurücktreten. Pfisters Bundesratsambitionen sind ein offenes Geheimnis. Ob er kandidieren würde, will er nicht beantworten. «Diese Frage stellt sich derzeit nicht.»

Am 28. Juni wird die Mitte an einer Delegiertenversammlung in Biel Pfisters Nachfolge wählen. Der Zuger wollte zwar keine möglichen Papabile nennen, doch das Kandidaten-Karussell dreht sich bereits.

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