Das Zürcher Obergericht hat am Dienstag vier Angestellte der Gazprombank Schweiz wegen mangelnder Sorgfalt bei Finanzgeschäften zu Geldstrafen verurteilt. Es bestätigte damit im Wesentlichen die Schuldsprüche des Bezirksgerichts Zürich aus dem Vorjahr.
Die Abklärungen der Bankangestellten zu den Konten von Sergei Roldugin (72) seien ungenügend gewesen, sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilseröffnung am Dienstagmorgen in Zürich.
Alle Beschuldigten sind Russen
Der Cellist und Dirigent Roldugin gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er eröffnete 2014 bei der Gazprombank Schweiz (GPBS) mehrere Konten, über die in der Folge Millionenbeträge flossen. Im Herbst 2016 schloss die Bank die Konten.
«Es gab Umstände, die darauf hindeuteten, dass es sich um eine Strohmannfinanzierung handeln könnte», sagte der Richter. Die Verantwortlichen der Bank seien diesen Hinweisen nicht nachgegangen.
Zu den nötigen Abklärungen hätte nach Ansicht des Gerichts auch gehört, abzuklären, wie Roldugin an die Beteiligung im Wert von mutmasslich mehr als 100 Millionen Franken an einem russischen Medienunternehmen gekommen ist. Aus dieser Beteiligung flossen jährlich rund fünf bis sieben Millionen Franken über Roldugins Konten bei der GPBS.
Bei den Beschuldigten handelt es sich um den CEO sowie zwei weitere Angestellte der GPBS, die sich seit Herbst 2022 in Liquidation befindet. Bei den drei Männern handelt es sich um russische Staatsangehörige, die seit längerer Zeit in der Schweiz leben. Mitangeklagt war auch ein Schweizer, der heute nicht mehr für die Bank tätig ist.
Urteil kann ans Bundesgericht weitergezogen werden
Das Gericht verurteilte sie zu bedingten Geldstrafen von je 110 Tagessätzen. Die höchste Strafe erhielt der CEO der Bank: Er muss 110 Tagessätze à 3000 Franken bezahlen. Die Tagessätze der übrigen Verurteilten liegen zwischen 350 und 500 Franken.
Das Bezirksgericht Zürich hatte die Beschuldigten in erster Instanz Ende März 2023 zu leicht höheren bedingten Geldstrafen verurteilt. Die Verteidigung verlangte vor beiden Gerichten Freisprüche.
Es ging nicht um Putin
Der Prozess stiess auf grosses Medieninteresse. «Was den Fall für die Medien interessant macht, ist aber für seine Beurteilung juristisch irrelevant», sagte der Richter. Das Gericht beurteilte lediglich, ob die Bankangestellten ihre Sorgfaltspflichten verletzt hatten. Wer tatsächlich wirtschaftlich an den Geldern berechtigt war und welche Beziehungen diese Person allenfalls zu Putin hatte, war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Der Richter stellte auch klar, dass es keine politische Komponente gegeben habe: «Unsere Entscheidung wäre genau so ausgefallen, wenn wir sie zum Beispiel schon 2017 getroffen hätten, also lange vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine». Man habe sich nicht von «sachfremden Motiven» leiten lassen.
Der Schuldspruch fiel allerdings nicht einstimmig. Ein Richter des Dreiergremiums sprach sich für einen Freispruch aus und erläuterte seine Position bei der Urteilseröffnung. Er hielt die Beweislage für einen Schuldspruch für nicht ausreichend. Die Angeklagten hätten sich an die damals geltenden Regeln gehalten.
Das Urteil des Zürcher Obergerichts ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden.