Asylminister Beat Jans (59) holt ein Projekt aus der Schublade, an dem seine Vorgängerin Elisabeth Baume-Schneider (60) krachend gescheitert ist: Der SP-Bundesrat will Container-Siedlungen für Asylsuchende bauen lassen – und die Kantone dafür zur Kasse bitten.
Noch sind die Pläne vertraulich. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) beantwortet keine Fragen dazu. Etwas sagen könne man frühstens dann, wenn «gesicherte Informationen» vorliegen. Auch die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) blockt ab – zu Interna nehme man keine Stellung.
Blick liegen interne Protokolle des Sonderstabs Asyl (Sonas) vor, einem Krisengremium aus Vertretern von Bund und Kantonen. Sie zeigen, dass sich die Asylbeamten bereits jetzt auf steigende Gesuchszahlen im Herbst vorbereiten. Das SEM will die Fehler aus dem letzten Jahr vermeiden. Im Spätsommer fehlten Tausende Betten für Geflüchtete.
Gemäss den Sonas-Protokollen trafen sich in den vergangenen Wochen die Spitzen des Justiz- und des Finanzdepartements. Bei den Gesprächen ging es um zusätzliche Gelder für «mobile Anlagen» zur Unterbringung von Asylsuchenden. Und darum, dass die Kantone diese mitfinanzieren sollen.
Was mit «mobilen Anlagen» genau gemeint ist, will der Bund nicht sagen. Es dürfte sich aber um einen neuen Anlauf für Containersiedlungen handeln. Zwar kämen auch Zelte infrage. Die aber sind für die Wintermonate kaum geeignet.
Gespräche über weiteren Kredit laufen
Unklar bleibt auch, wie viele Plätze durch Container geschaffen werden sollen und wie viel sie kosten. Der Bund will die zusätzlichen Mittel per Nachtragskredit zum Budget 2024 beantragen. SEM-Sprecherin Magdalena Rast: «Wir können bestätigen, dass bezüglich Unterbringung ständig Gespräche mit den Kantonen geführt werden und dass der Bundesrat im Rahmen des Nachtragkredits I auch über die Finanzierung von Unterbringungsmöglichkeiten entscheiden wird.»
Die Frage, wer die Unterkünfte bezahlen soll, sorgt hinter den Kulissen schon jetzt für Streit. In den Protokollen heisst es, der Bund habe die Kantone um Mitfinanzierung der Asyl-Betten gebeten. Wie schon im vergangenen Jahr sehen diese aber nicht ein, warum sie die Kosten für die Erstunterbringung mittragen sollen.
Kantone wollen sich nicht beteiligen
Blick hat bei mehreren Kantonen nachgefragt. Konkret äussern will sich keiner, ebenso wenig wie die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren. Deren Generalsekretärin Gaby Szöllösy sagt auf Anfrage: «Grundsätzlich ist die Erstunterbringung von Asylsuchenden eine Bundesaufgabe.» Die Kantone seien nicht bereit, sich an dieser zu beteiligen.
Das Argument des Bundes, durch zusätzliche Plätze lasse sich eine vorzeitige Zuweisung an die Kantone verhindern, gilt laut Szöllösy nur dann, wenn es überraschend zu einem drastischen Anstieg von Asylgesuchen kommt. Für diesen Fall, der im Herbst droht, habe der Bund nun aber genügend Vorlaufzeit.
Ähnliche Pläne wie 2023
Diese Diskussion ist eine Neuauflage. 2023 verfolgte die damalige Asylministerin Elisabeth Baume-Schneider ähnliche Pläne, doch die endeten im Debakel. Wohl auch deshalb will der Bund auf keinen Fall, dass Informationen zum Projekt frühzeitig nach aussen dringen.
Baume-Schneider plante letztes Jahr rund 3000 zusätzliche Plätze für die Erstunterbringung. Dafür sollten auf Armee-Arealen Containerdörfer errichtet werden. Kostenpunkt: 133 Millionen Franken. Der Bundesrat bewilligte den Kredit unter der Bedingung, dass sich an den Betriebskosten die Kantone beteiligen. Die aber wehrten sich schon damals vehement. Am Ende versenkte das Parlament das Projekt – eine herbe Niederlage für Baume-Schneider, die Anfangs Jahr ins Innendepartement wechselte.
Das SEM rechnet für das laufende Jahr erneut mit knapp 30'000 Asylgesuchen. Gemäss den Protokollen des Sonderstabs Asyl fehlen für die im Herbst 2024 erwartete Spitzenbelastung rund 2500 Betten. Laut Insidern poche deshalb insbesondere SEM-Chefin Christine Schraner Burgener (60) auf die Containerlösung – und startet nun den Neuanlauf.