Gegen eine «Amerikanisierung» des Schweizer Rechts
Nationalrats-Kommission will keine Sammelklagen

Schweizerinnen und Schweizer sollen keine zivilrechtlichen Entschädigungen durch Sammelklagen einfordern können. Eine Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats befand, dass die vom Bundesrat vorgesehenen Instrumente nicht zum Schweizer Rechtssystem passen.
Publiziert: 18.10.2024 um 17:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2024 um 17:56 Uhr
Die Rechtskommission des Nationalrats lehnt ein Ausbau der Verbandsklage ab. (Symbolbild)
Foto: IMAGO/Panama Pictures
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Die Vorlage der Landesregierung birgt in den Augen der Mehrheit der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) das Risiko einer «Amerikanisierung» des Rechtssystems. Diese Ansicht setzte sich in der Kommissionsabstimmung mit 14 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung durch. Die Kommission beantragt ihrem Rat somit Nichteintreten auf die Vorlage, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.

Es werde erwartet, dass kommerziell ausgerichtete Anwaltskanzleien und Organisationen zur Prozessfinanzierung sich auf die Einreichung von Klagen spezialisieren könnten, die der Wirtschaft insgesamt erheblichen Schaden zufügen könnten, hiess es in der Mitteilung weiter.

Weniger Rechte für Geschädigte als in den Nachbarländern

Eine Minderheit bedauerte, dass die Kommission sich nicht auf die inhaltliche Diskussion der Vorlage eingelassen hatte. Sie sieht denn auch weiterhin grossen Handlungsbedarf und kritisiert, dass Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten so künftig deutlich weniger Rechte haben würden als ihre europäischen Nachbarn.

Der Bundesrat will mit der Vorlage die Verbandsklage auf alle Rechtsbereiche ausweiten. Wenn beispielsweise ein Autohersteller ein fehlerhaftes Auto verkauft, sollen Kundinnen und Kunden in der Schweiz, die dadurch gleichermassen geschädigt worden sind, gemeinsam ihr Recht durchsetzen können. Zudem sollen sie kollektiv Ersatzansprüche geltend machen können.

Das geltende Recht sehe derzeit keine ausreichende Möglichkeit für eine kollektive Rechtsdurchsetzung vor, schrieb der Bundesrat zur Vorlage. Das gelte insbesondere für die Verbandsklage, die zwar existiere, aber kaum angewendet werden könne. Es gebe sie nur bei Persönlichkeitsverletzungen. 

Konsumentenschutz zeigt sich empört

Die Stiftung für Konsumentenschutz kritisierte den Kommissionsentscheid vom Freitag scharf: Der Entscheid sei «eine verpasste Chance, um endlich einen wirksamen Schutz vor Massen- und Streuschäden zu gewährleisten», teilte die Stiftung mit. Dass Geschädigte gemeinsam klagen könnten, sei «längst überfällig».

Ganz anders reagierte Swissholdings, der Verband der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen der Schweiz: Der Entscheid sei zu begrüssen. Eine Annahme der Vorlage hätte «weitreichende Änderungen im schweizerischen Rechtssystem zur Folge, deren Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Schweiz, unser Rechtsverständnis und unsere Streitkultur erheblich wären».

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