Gefahr für die Demokratie?
Twitter wird zum Tummelplatz für Rassisten

Seit Musks Twitter-Übernahme nehmen Hass-Beiträge auf dem Kurznachrichtenportal sprunghaft zu. «Hassrede ist freie Rede», argumentiert eine bekannte politische Twitterin. Eine Gefahr für die Demokratie?
Publiziert: 05.11.2022 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2022 um 15:54 Uhr
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Elon Musk wollte den Twitter-Vogel freilassen.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images
Martin Schmidt

Elon Musk (51) wollte den Twitter-Vogel freilassen. Doch seit er den Kurznachrichtendienst übernommen hat, weht auf dem Portal ein anderer Wind. Oft ein sehr hässlicher. In nur wenigen Tagen ist die Zahl der rassistischen und diskriminierenden Tweets durch die Decke gegangen. Jüdische Organisationen stellen eine deutliche Zunahme an judenfeindlichen Nachrichten fest.

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Und auch die Nutzung des N-Worts häuft sich auf dem Portal in einem besorgniserregenden Ausmass. So sehr, dass sich zuletzt auch NBA-Star Lebron James (37) auf Twitter dazu geäussert hat. Musk solle sich diese Entwicklung genau anschauen, sie sei «scary AF», auf deutsch: «verdammt besorgniserregend», schreibt der Basketballstar. Hat Musk den Vogel abgeschossen?

Radikale lotsen Grenzen aus

Musk selbst betont, dass seit seiner Übernahme noch gar keine Anpassungen an der Moderation der Seite vorgenommen wurden. Trotzdem scheint Twitter mit der Situation völlig überfordert zu sein. Das dürfte zum einen an der Massenentlassung liegen. Wie Twitter inzwischen bestätigt hat, wird derzeit die Hälfte der 7500 Angestellten auf die Strasse gesetzt. Auch in der Moderationsabteilung werden 15 Prozent der Angestellten abgebaut, wie der Bereichsleiter Yoel Roth auf Twitter schreibt.

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Trotz der Veränderungen habe man jedoch gut 80 Prozent der Inhalte auf dem Portal wie bis anhin moderieren können, so Roth weiter. Das heisst jedoch im Umkehrschluss, dass beinahe jede fünfte Nachricht schlechter oder gar nicht moderiert wird. Gleichzeitig hat Musk seit Wochen betont, dass die Plattform künftig mehr Meinungsvielfalt zulassen würde. Und das scheinen Leute aus dem rechtsradikalen Lager geradezu als Aufforderung verstanden zu haben. Mit fremdenfeindlichen und diskriminierenden Posts versuchen sie, herauszufinden, wie weit sie auf Twitter unter Musk gehen können.

«Hassrede ist freie Rede»

Wie sehr sich Personen am rechten Rand einen Abbau der Moderation auf Twitter wünschen, zeigt ein Tweet von Lauren Chen. «Hassrede ist freie Rede», schreibt die politische Twitterin, wie sie sich selbst bezeichnet. «Tatsächlich ist Hassrede der einzige Grund, warum es freie Meinungsäusserung gibt.» Wer unumstrittene Standpunkte vertrete, sei auf diese Redefreiheit nicht angewiesen. Chen folgen auf Twitter immerhin mehr als 400'000 Personen.

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In Tweets von linken Absendern wird deshalb immer öfters mit einer Abkehr von Twitter geliebäugelt. Viele von ihnen befürchten, dass der Kurznachrichtendienst zu einem Ort der Hetze wird. Aus demselben Grund wenden sich auch immer mehr Firmen von Twitter ab und schalten auf dem Portal keine Werbung mehr. Darunter auch bekannte Autohersteller wie General Motors oder VW.

Gefahr für die Demokratie

Die von Chen propagierte Meinungsfreiheit kann am Ende auch nach hinten losgehen. Es bestehe «die Gefahr, dass mehr Meinungsfreiheit im Netz zu weniger Freiheit im echten Leben führt», schreibt etwa die «NZZ». Gemeint damit ist die Verbreitung von Verschwörungstheorien, die die Twitter-Moderatoren bis anhin zumindest teilweise vom Portal verschwinden liessen.

Können solche Theorien ungebremst verbreitet werden, könne dies zu einer unmittelbaren Radikalisierung gewisser Bevölkerungskreise führen – und so auch zur Gefahr für die Demokratie werden. Wie im Fall der Verschwörungstheorie, dass Covid-19 durch 5G-Antennen ausgelöst worden sei. Die Folge waren brennende Mobilfunkmasten und die versuchte Körperverletzung von Installateuren, die an den Masten arbeiten.

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