Für ungültig erklären kann der Bundesrat die Vorlage nicht
So will Keller-Sutter die Juso-Initiative bekämpfen

Verfassungswidrig, sagen Rechtsprofessoren zur Juso-Initiative. Doch für ungültig erklären darf der Bundesrat eine Volksinitiative gar nicht. Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat dafür andere Mittel, um die radikale Erbschaftsteuer-Forderung zu bekämpfen.
Publiziert: 23.07.2024 um 17:38 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2024 um 19:27 Uhr
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«Staatspolitisch bedenklich»: Finanzministerin Karin Keller-Sutter kritisiert verschiedene Punkte der Juso-Initiative.
Foto: keystone-sda.ch
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Der Druck auf den Bundesrat steigt. Er soll die Juso-Initiative für ungültig erklären, zumindest teilweise, fordern Politiker wie Werner Salzmann (SVP, 61). Für Steuerrechtsprofessor Luzius Cavelti (46) ist klar: «Die Initiative widerspricht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung.» Er betont allerdings, in der Schweiz sei es Usus, das politisch auszufechten, nicht rechtlich zu entscheiden.

So oder so: Der Bundesrat hat gar nicht die Kompetenz, eine Volksinitiative für ungültig zu erklären, wie das Bundesamt für Justiz auf Anfrage mitteilt. Diese Kompetenz liege bei der Bundesversammlung. Der Bundesrat kann dem Parlament einen Antrag betreffend der Gültigkeit einer Volksinitiative stellen. Auch das Parlament sei dabei aber nicht frei, sondern an die verfassungsrechtlichen Gültigkeitskriterien gebunden.

Fünfmal wurde bisher eine Volksinitiative für ungültig oder teilweise ungültig erklärt. Zum ersten Mal 1955 die Initiative für eine Rüstungspause bei den militärischen Ausgaben und zuletzt 2015 teilweise die Initiative «Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer».

Jetzt ist Keller-Sutter am Zug

Ob es auch bei der Juso-Initiative so weit kommt, ist offen. Umstritten ist vor allem die Rückwirkungsklausel. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die verlangte rückwirkende Besteuerung «staatspolitisch problematisch» ist. Die Jungsozialisten wollen, dass die 50 Prozent Erbschaftssteuer (ab 50 Mio. Fr. Vermögen) auch rückwirkend bezahlt werden müssen. Damit wollen die Initianten Steuerflucht nach einem allfälligen Ja am Abstimmungssonntag vermeiden. Darum auch die Pläne von Familienunternehmern wie Peter Spuhler, vorzeitig auszuwandern. Markus Schefer (59), Professor für Staats- und Verfassungsrecht, relativierte im Blick allerdings: Der Initiativtext sei nicht so formuliert, dass eine Erbschaft rückwirkend belangt werden müsse.

Politisch liegt der Ball nun bei der zuständigen Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60). Nach den Sommerferien wird der Bundesrat auf ihren Antrag brisante Interpellationsfragen rund um die Umsetzung der Juso-Initiative beantworten. Wird Reichen, die mit einem Wohnortswechsel ins Ausland liebäugeln, eine Wegzugsteuer aufs Auge gedrückt, ihr Kapitalverkehr beschränkt oder gar der Pass eingezogen? Den laufenden rechtlichen Analysen könne der Bundesrat nicht vorgreifen, betont Keller-Sutters Kommunikationschef Pascal Hollenstein (53). Konkreter wird der Bundesrat in der Botschaft zur Juso-Initiative, die bis spätestens Anfang Februar 2025 verabschiedet werden soll.

Wegzugsverbot wäre völkerrechtswidrig

In einigen Punkten macht das Finanzdepartement schon jetzt deutlich, in welche Richtung es geht: «Klar scheint, dass ein Wegzugsverbot in jedem Fall völkerrechts- und verfassungswidrig wäre», so Hollenstein. Auch eine allfällige Wegzugssteuer oder andere Massnahmen müssten mit dem in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar sein. Zu berücksichtigen ist laut Keller-Sutters Departement, dass Wegzüge auch aus anderen Motiven erfolgen können als zur Steuervermeidung. Auch die Frage, ob die rückwirkenden Bestimmungen generell nur auf Erbschaften und Schenkungen zur Anwendung kommen würden, nicht aber auf Wegzüge, sei Gegenstand dieser Abklärungen.

Nach den Rechtsprofessoren liefert jetzt also auch das Finanzdepartement erste Argumente für die Unternehmer, ihre Auswanderpläne vorerst einmal zu schubladisieren.

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