Es ist der wichtigste europapolitische Showdown des Jahres. Für die SVP gar die bedeutendste Schlacht seit Jahren: die Abstimmung über die Begrenzungs-Initiative am 27. September.
Und die SVP wittert Morgenluft. Noch Anfang Jahr galt die Initiative angesichts einer brummenden Wirtschaft und tieferen Zuwanderungszahlen als chancenlos. Doch die Corona-Krise hat alles durcheinandergewirbelt. Die Arbeitslosigkeit steigt. Das spielt der SVP in die Hände.
«Wir wollen diese Abstimmung gewinnen. Und wir können sie gewinnen, wenn alle mithelfen», sagt SVP-Nationalrätin und Kampagnenleiterin Esther Friedli (43, SG) zu BLICK.
Wie sie den Sieg ins Trockene bringen will, hat Friedli der SVP-Fraktion Mitte Juni in einer 18-seitigen Präsentation aufgezeigt. Wo die Kampagne steht, wie argumentiert werden muss und was von den Parteiexponenten erwartet wird. BLICK liegt der SVP-Schlachtplan vor.
Befehlsausgabe für Fraktionsmitglieder
Friedli hat klare Erwartungen an ihre Bundeshaus-Kollegen. «Jedes Fraktionsmitglied engagiert sich aktiv im Abstimmungskampf mit mindestens drei Auftritten», und zwar «öffentlich, mit Publikum», so die Befehlsausgabe. Und: «Jedes Fraktionsmitglied schreibt mindestens einen Leserbrief, der in mindestens einer Zeitung seines Kantons veröffentlicht wird.»
Daneben solle man auch in den sozialen Medien aktiv sein und die Kantonalparteien für den Abstimmungskampf motivieren. Und wer überregionale Medienauftritte plant, soll vorgängig eine «kurze Information an Esther oder Marcel» schicken – also Friedli selbst oder den Schwyzer Nationalrat Marcel Dettling (39), der mit ihr die Ja-Kampagne verantwortet.
Ob sich die SVP-Vertreter nicht nerven ob der Gängelung? «Nein, ich habe viele positive Rückmeldungen erhalten», sagt Friedli. Schliesslich habe jeder ein Wahlversprechen abgegeben, sich für weniger Zuwanderung einzusetzen. «Meine Ausführungen vor der Fraktion waren eine Motivation. Denn als SVP-Aushängeschilder sollen sich die Parlamentarier im Abstimmungskampf aktiv einbringen.»
So will die SVP gewinnen
Auch inhaltlich hat Friedli vorgespurt. Im Zentrum soll die Warnung vor einer Zehn-Millionen-Einwohner-Schweiz stehen. «Zu viel ist zu viel», so die Hauptbotschaft. Die Schweiz wird dabei als «kleines Land» hervorgehoben, in welches man «nicht immer mehr Menschen hineinpressen kann».
Ein weiterer Kernsatz: «2007 haben wir die Kontrolle verloren über die EU-Einwanderung.» Die Personenfreizügigkeit wird daher zum «gefährlichen Experiment, welches unsere Stabilität aufs Spiel setzt», deklariert. Der Clou dabei: Genau dieselbe Formulierung nutzen die Gegner als Argument gegen die Initiative.
Heute gelte der Grundsatz, dass «Ausländer wie Inländer zu betrachten sind», kritisiert Friedli. Dass seit 2007 rund 835'000 Stellen geschaffen wurden, sei ebenso negativ zu werten, da «zwei Drittel der neuen Stellen von Ausländern besetzt sind».
Die Corona-Pandemie erhält im Abstimmungskampf ebenfalls einen Platz: Die SVPler sollen nicht nur auf die steigende Arbeitslosigkeit in der Schweiz verweisen, sondern auch auf den «noch stärkeren» Anstieg in Europa, was zu einer «zusätzlichen Sogwirkung» führen werde.
Komitees mit Büezern und Umweltschützern
Doch nicht nur SVP-Exponenten werben für ein Ja. Geplant sind auch überparteiliche Komitees, welche spezifische Aspekte in den Fokus rücken. Neben einem Unternehmer- und Gewerbekomitee soll es auch je eines für Büezer, Umwelt oder Soziales geben. «Wir wollen die Vielfalt der Probleme aufzeigen, welche die unkontrollierte Zuwanderung mit sich bringt», erklärt Friedli dazu. Und verspricht, mit «prominenten Köpfen» von ausserhalb der SVP aufzuwarten. Namen will sie aber noch keine nennen.
Auf das Büezerkomitee angesprochen, macht sie auch gleich ihrem Ärger über den Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern Luft, die am Montag an der Seite von Bundesrätin Karin Keller-Sutter (56) gegen die Initiative antraten. «Den Gewerkschaften geht es nicht um die Schweizer Arbeitnehmenden, die auf dem Arbeitsmarkt von Zuwanderern verdrängt werden, sondern darum, ihre Pfründenwirtschaft zu retten», so Friedli. «Dieser Auftritt war heuchlerisch.»
Bauernland an der Autobahn gesucht
Auch den Fahrplan gibt das Papier vor. Derzeit wird das Feld vor allem über Online-Aktivitäten bereitet. So richtig losgehen soll es ab August mit Anlässen, Standaktionen, Online-Stammtischen, Plakaten oder Leserbriefen – und einem «Extrablatt» an alle Haushaltungen. Ende August wird die «heisse Phase» eingeläutet.
Zudem ist im Schlachtplan von «kreativen weiteren Aktionen national» die Rede, ohne diese genauer auszuführen. Friedli will nicht näher darauf eingehen. «Wir werden den Sommer über nicht ruhig sein», verspricht sie aber.
Jedenfalls dürfte in den nächsten Wochen auch die Wildplakatierung zunehmen, welche die Ja-Kampagne schweizweit sichtbar machen soll. Dafür erhielten die Fraktionsmitglieder zum Schluss in Friedlis Präsentation einen Suchauftrag mit auf den Weg – für «Bauernland an A1/A2 oder an gut befahrener Strasse für Aufstellen von Anhänger mit Plakat (gut sichtbar von Autobahn/Strasse aus)».
Die SVP hat einmal mehr genug. Genug davon, dass Deutsche, Italiener, Polen in die Schweiz einwandern, um hier zu arbeiten. Darum hat sie im Sommer 2018 die Volksinitiative für eine massvolle Zuwanderung eingereicht. Am 27. September stimmen wir darüber ab.
Die SVP selbst nennt das Volksbegehren Begrenzungs-Initiative, weil es die Zuwanderung begrenzen soll. Gegner und Medien nennen es häufig Kündigungs-Initiative, weil die SVP als letztes Mittel die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU verlangt.
Zum Schluss soll gekündigt werden
Was stimmt jetzt? Konkret steht im Initiativtext:
- Die Schweiz regelt die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.
- Es dürfen keine neuen Abkommen abgeschlossen oder Verpflichtungen eingegangen werden, die Ausländern eine Personenfreizügigkeit gewähren.
- Bestehende Verträge oder Verpflichtungen dürfen nicht dahingehend angepasst werden, dass sie eine Personenfreizügigkeit erlauben.
Allein auf weiter Flur
Das heisst: Das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU muss nachverhandelt werden – in dem Sinn, dass die freie Einwanderung von Personen nicht mehr gestattet ist. Dafür hat der Bundersrat bis Ende September 2021 Zeit. «Gelingt dies nicht, so kündigt der Bundesrat das Abkommen innert weiteren 30 Tagen», so die Forderung der Initiative.
Von den Parteien kämpft die SVP allein auf weiter Flur. Der Bundesrat, aber auch SP, Grüne, FDP, CVP, BDP und GLP lehnen die Initiative ab.
Die SVP hat einmal mehr genug. Genug davon, dass Deutsche, Italiener, Polen in die Schweiz einwandern, um hier zu arbeiten. Darum hat sie im Sommer 2018 die Volksinitiative für eine massvolle Zuwanderung eingereicht. Am 27. September stimmen wir darüber ab.
Die SVP selbst nennt das Volksbegehren Begrenzungs-Initiative, weil es die Zuwanderung begrenzen soll. Gegner und Medien nennen es häufig Kündigungs-Initiative, weil die SVP als letztes Mittel die Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der EU verlangt.
Zum Schluss soll gekündigt werden
Was stimmt jetzt? Konkret steht im Initiativtext:
- Die Schweiz regelt die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.
- Es dürfen keine neuen Abkommen abgeschlossen oder Verpflichtungen eingegangen werden, die Ausländern eine Personenfreizügigkeit gewähren.
- Bestehende Verträge oder Verpflichtungen dürfen nicht dahingehend angepasst werden, dass sie eine Personenfreizügigkeit erlauben.
Allein auf weiter Flur
Das heisst: Das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU muss nachverhandelt werden – in dem Sinn, dass die freie Einwanderung von Personen nicht mehr gestattet ist. Dafür hat der Bundersrat bis Ende September 2021 Zeit. «Gelingt dies nicht, so kündigt der Bundesrat das Abkommen innert weiteren 30 Tagen», so die Forderung der Initiative.
Von den Parteien kämpft die SVP allein auf weiter Flur. Der Bundesrat, aber auch SP, Grüne, FDP, CVP, BDP und GLP lehnen die Initiative ab.