Kaiserwetter in Montreux VD: Schon morgens um 10 Uhr brennt die Sonne vom stahlblauen Himmel am Genfersee. Wer hier an diesem Samstag eine Solaranlage auf dem Dach hat, hätte die Delegiertenversammlung der FDP allein mit Strom versorgen können.
Die grosse Frage, die die Liberalen im Montreux Music & Convention Centre umtrieb, war just die, ob die Schweiz in Zukunft auf Wasserkraft, Sonnen- und Windenergie setzen soll. Oder, so wie es die kantonalen Parteipräsidenten vorschlagen, doch wieder AKWs bauen soll. Denn so stand es im Vorschlag für die Resolution «Weniger Polemik, mehr Strom»: «So sind die Voraussetzungen zu schaffen, um namentlich KKW der neuen Generation zuzulassen.»
Belastung vor den Wahlen
Dieser Satz hatte die Partei seit Wochen gespalten, wie ein Neutron einen Atomkern. Gross war der Aufschrei vor allem in der Stadtzürcher FDP, wo am Sonntag Wahlen anstehen – man fürchtete, in der städtischen Wählerschaft noch mehr an die GLP zu verlieren als es ohnehin zu befürchten ist.
Verschiedene Exponenten, darunter die Waadtländer Nationalrätin Jacqueline de Quattro (61), FDP-Frauenpräsidentin Susanne Vincenz-Stauffacher (55) und der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin (59) hatten darum Anträge gestellt, diesen Satz zu streichen oder aber abzuändern.
Parteileitung besserte nach
Mit derartigen Diskussionen konfrontiert, sah sich die Parteispitze um Präsident Thierry Burkart (46) gezwungen, selbst eine Änderung vorzuschlagen. Dieser lautete: «Es sind deshalb die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit langfristig und bei Bedarf auch eine neue Generation der Kernkraft-Technologie ihren Beitrag an die Versorgungssicherheit leisten könnte, sofern dies durch private Investoren realisiert und die Sicherheit gewährleistet werden kann.»
Diesem schlossen sich dann auch die kantonalen Parteipräsidenten und alle anderen Antragsteller an – und das Papier wurde einstimmig angenommen. Damit konnte die sich abzeichnende Kernschmelze der FDP abgewendet werden.
Debatte geht weiter
Zumindest vordergründig. Denn die Voten und auch Gespräche am Rand der Delegiertenversammlung zeigen, dass die Frage in Basis und Fraktion immer noch sehr kontrovers diskutiert wird. Während die einen, gestützt auf die Resolution nun mehr Investitionen in Nuklearforschung fordern werden, sind andere überzeugt, die AKW-Frage jetzt auf Jahre hinausgeschoben zu haben – bis zum Zeitpunkt, wo es neue AKWs der vierten Generation gibt.
Zumindest gegen Aussen aber kann man sich jetzt hinter diesem kleinsten gemeinsamen Nenner scharen.