TV-Sendung schliesst die Stromlücke mit einem in Ungnade gefallenen FDPler
Atomfreund Wasserfallen feiert sein Comeback in der «Arena»

Die FDP war grün, für Atomkraftwerke war kein Platz. Nur Präsidentin Petra Gössi strahlte – übers ganze Gesicht. Das hat sich geändert. AKW feiern bei der FDP ein Comeback und mit ihnen ist auch er wieder hoch im Kurs: Christian Wasserfallen.
Publiziert: 11.02.2022 um 18:58 Uhr
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Seine Meinung ist wieder gefragt: Kernenergie-Befürworter und Nationalrat Christian Wasserfallen hat Aufwind in der FDP.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Es ist eine Kettenreaktion: Heute Freitagabend beraten die kantonalen Parteipräsidentinnen und -präsidenten der FDP (PPK) die Anträge für die morgige Delegiertenversammlung (DV). Es geht um das FDP-Strompapier mit dem Titel «Weniger Polemik, mehr Strom». Eigentlich geht es nur um einen einzigen Absatz darin – der aber grosse Tragweite hat: Das heutige Verbot, ein neues AKW zu bauen, soll fallen. Es gibt aber Ordnungsanträge, die Debatte darüber zu verschieben, wie Blick berichtete.

Ebenfalls am Freitagabend um 22.25 Uhr wird die «Arena»-Sendung «Stromlücke schliessen – aber wie?» ausgestrahlt. Und schon am Montag berät die Umwelt-, Raumplanung- und Energiekommission des Nationalrats (Urek-N) einen Vorstoss, der den Bundesrat dazu verpflichten soll, aufzuzeigen, was es zum Bau von einem oder mehreren neuen Atomkraftwerken in der Schweiz braucht. Laut Blick-Informationen hat diesen SVP-Nationalrat Christian Imark (40) eingereicht.

FDP als Helfer der SVP

Der SVP ist es ernst mit dem Bau neuer Atomkraftwerke, den Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher (52) bereits letzten Sommer im Blick-Interview forderte. Und die Freisinnigen scheinen der SVP den Weg dazu bereiten zu wollen.

Jedenfalls will das ein Teil. Die FDP-Energieexperten gelten als weniger atomfreundlich. Und genau deshalb hat die «Arena» nicht die Ständeräte Damian Müller (37), Ruedi Noser (60) oder Martin Schmid (52) in die Sendung eingeladen. Auch nicht die Nationalratsmitglieder Jacques Bourgeois (63), Matthias Jauslin (59) oder Susanne Vincenz-Stauffacher (55), die in der Urek sitzen.

Wasserfallen im Aktienhoch

In der SRF-«Arena» sitzt Christian Wasserfallen (40) – der Berner FDP-Nationalrat, der wegen seiner atomfreundlichen Haltung unter der früheren Parteichefin Petra Gössi (46) in der Umweltkommission nicht mehr genehm war.

Im Sommer 2019 hatte Wasserfallen sogar wegen des Öko-Kurses seiner Partei den Rücktritt aus dem Vizepräsidium der FDP-Schweiz angekündigt. Tempi passati: Mit dem Amtsantritt von Thierry Burkart (46) als FDP-Präsident sind die Aktien Wasserfallens wieder gestiegen. Analysten würden für die Wasserfallen-Papiere eine Kauf-Empfehlung abgeben, wenn man damit Geld verdienen könnte, heisst es. Denn der Berner dürfte in der Burkart-FDP wieder mehr Zukunft haben.

«Grösste politische Herausforderung»

Wasserfallen selbst sagt zu seinem TV-Auftritt, er gehe in die «Arena», weil die Schweiz jetzt die grösste politische Herausforderung der nächsten Jahre, die Versorgungssicherheit mit Elektrizität, angehen müsse. «2035 fehlt der Schweiz mehr als ein Drittel der Stromproduktion. Vor allem im Winterhalbjahr drohen Probleme.»

Darum brauche es nun fünf Säulen: «Erneuerbare, vor allem Wasserkraft. Neue Grosskraftwerke für sichere Bandenergie. Bessere Netze und Speicher. Eine aktive Energie-Aussenpolitik, um Strom zu beschaffen. Und eine höhere Energieeffizienz mit Anreizen für die Industrie, im Gebäude-Bereich und bei der Mobilität.» – Und ja, natürlich müsse das Technologieverbot fallen. «Es darf nicht verboten sein, falls notwendig auf längere Frist ein Kernkraftwerk neuster Generation zu bauen. Das ist aber nur eine, wenn auch wichtige, Massnahme von vielen, über die sowieso die Stimmbevölkerung entscheiden wird», so der Berner.

«Mehr Polemik, weniger Strom»

Für andere Freisinnige kommt die Atom-Diskussion aber zur Unzeit. Sie könnte die Partei Wähler kosten – angefangen bei den Zürcher Wahlen am Sonntag bis hin zu den Parlamentswahlen im Herbst 2023.

Das hält auch SP-Fraktionschef Roger Nordmann (48) nicht für ausgeschlossen. Er kreuzt am Abend mit Wasserfallen und Imark die Klingen in der «Arena». Der Genosse sagt zum «Weniger Polemik, mehr Strom»-Papier der FDP nur: «Ich frage mich, ob der Titel des Papiers nicht eher ‹Mehr Polemik, weniger Strom› lauten müsste.» Denn für ihn gehen die Atompläne in die falsche Richtung.

Aber vielleicht ist das Kräftemessen in der «Arena» bloss ein Nebenschauplatz, denn Magdalena Martullo-Blocher hat im Blick bereits den nächsten Schritt gemacht: Sie startet im Interview einen Angriff auf die Energiekonzerne – und hört sich dabei wie eine Linke an.

Steht in einem halben Jahr also die Stromabzocker-«Arena» an, wenn der erste Energiekonzern auf Druck Martullos seine AKW-Pläne präsentiert? Gut möglich, dass dann wieder Christian Wasserfallen in die Sendung eingeladen wird.

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