2018 nervte sich Wermuth noch über die Frauen-Frage
Der Feminist, der gern vergisst

Für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga setzt SP-Präsident Cédric Wermuth auf ein Frauenticket. Doch 2018 stand er selbst einer Frau vor der Sonne. Damals störte er sich an der Geschlechterdebatte.
Publiziert: 11.11.2022 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2022 um 09:23 Uhr
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In der SP gibt es Zoff um die Ersatzwahl von Bundesrätin Simonetta Sommaruga.
Foto: keystone-sda.ch
Thomas Müller

«Was mich an der aktuellen Debatte stört, ist, dass nur noch die biologische Frage interessiert», sagte Cédric Wermuth (36) 2018 dem «Tages-Anzeiger». Es ging um den Aargauer Ständeratssitz und ob ein Mann oder eine Frau von der Partei ins Rennen geschickt wird.

Im Ständeratsrennen 2019 waren die Fronten im Vergleich zu heute genau andersherum. Wermuth stand einer Frau vor der Sonne. Das Urteil der Presse fiel hart aus: Der «Tages-Anzeiger» schrieb, «die SP predigt Frauen – und stellt Männer auf», und der Blick titelte: «Feminist wird zum Frauenverhinderer».

Hätte Feri den Sitz gerettet?

Wermuth setzte sich parteiintern gegen Konkurrentin Yvonne Feri (56) durch. Im ersten Wahlgang landete der heutige SP-Co-Präsident im Oktober 2019 dann abgeschlagen auf dem dritten Platz und zog sich zurück.

Rund einen Monat später verpasste Nationalrätin Feri nur knapp einen Sitz im Regierungsrat. Der SVPler Jean-Pierre Gallati (56) gewann mit lediglich 1593 Stimmen Vorsprung. Man fragte sich, ob Feri den Stöckli-Sitz nicht sogar hätte sichern können, wäre ihr nicht Wermuth vor der Sonne gestanden.

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«Männer, vergesst es!»

Nun macht sich just derselbe Wermuth als Parteichef dafür stark, dass für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) nur Frauen kandidieren sollen. Das heisst: Noch bevor die SP-Politiker sich Gedanken über eine Kandidatur machen konnten, sagte ihnen Wermuth: Männer, vergesst es!

Dies ganz zum Ärger von SP-Ständerat Daniel Jositsch (57). Der Rechtsprofessor mit Bundesratsambitionen findet das diskriminierend. Und er ist nicht der Einzige, den die Diskussion um die X-Chromosome der Kandidatinnen und Kandidaten stört.

Unterstützung erhält Jositsch sogar von vereinzelten SP-Frauen und dem sogenannten Reformflügel der Partei, dem der Zürcher selbst angehört. Der Flügel hat einen Antrag bei der Fraktion eingereicht, dass die SP auf ein Ticket mit zwei Frauen und einem Mann setzen solle.

Kein Verständnis für Männer

Dass es bei der Ersatzwahl für Sommaruga kein reines Frauenticket geben soll, kann sich Wermuth heute nicht vorstellen. Die SP habe immer eine Frau und einen Mann in der Landesregierung im Einsatz, und ohne Frauenticket bestünde die Gefahr, dass nur noch zwei Frauen im Gesamtbundesrat sind, so die Argumentation.

Noch 2018 ging es aus der Sicht Wermuths um ganz andere Dinge als die Frage, ob eine Frau oder ein Mann kandidieren soll. Etwa um die Wahl zwischen seinem progressiven Flügel der Partei und dem gemässigten Flügel seiner Konkurrentin.

Er sei zwar bei den Regierungsratswahlen nicht angetreten, da schon ein Mann in der Regierung war. Beim Aargauer Ständeratssitz sei es aber anders gewesen. Bei fünf von sechs der vorherigen Ständeratswahlen seien Frauen aufgestellt worden, da könne auch mal ein Mann ran.

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Könnte jetzt nicht ein Mann ran?

Offenbar gilt das heute nicht mehr: Seit zwölf Jahren sitzt Simonetta Sommaruga im Bundesrat. So lange belegt sie den Deutschschweizer SP-Sitz. Da könnte auch einmal ein Mann ran, dürften einige bei ihrer Nachfolge ebenfalls argumentieren. Und warum tut das die SP-Leitung nicht? Cédric Wermuth war für Blick für eine Erklärung nicht erreichbar.

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