Geht es nach den Umweltschützern, sollen wir alle eins auf Dach kriegen – ein Solarpanel, um genau zu sein. So soll die Energiewende auch ohne das neue Stromgesetz, über das die Schweiz am 9. Juni abstimmt, machbar sein. Dieses sieht den Ausbau der Wasserkraft und den Bau von Solaranlagen und Windrädern in den Alpen und auf Freiflächen vor.
Dagegen haben Umweltschutzorganisationen das Referendum ergriffen. Sie fürchten eine Schwächung des Naturschutzes. Für Vera Weber ist klar: Es sei gar nicht nötig, für die Energiewende auch nur einen Quadratmeter Natur zu zerstören. «Wir haben ein riesiges Potenzial auf Dächern und Fassaden. Dort Solarpanels anzubringen, belastet die Natur nicht», argumentierte Vera Weber (49) von der Fondation Franz Weber gestern im Blick-Streitgespräch mit Solarpionier Bertrand Piccard (66).
Doch wäre es wirklich möglich, den gesamten zusätzlichen Energiebedarf über Solarpanels zu decken, die an Fassaden oder auf Dächern montiert sind?
Dachflächen decken Verbrauch
Jährlich verbraucht die Schweiz um die 56 Terawattstunden (TWh) Strom. Eine Studie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften zeigt: Das Potenzial für Solarstrom auf Schweizer Dachflächen beträgt etwa 54 TWh pro Jahr. Damit könnte also fast der gesamte heutige Stromverbrauch der Schweiz abgedeckt werden!
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Ganz so einfach ist die Lage auf dem Dach aber doch nicht. Um eine Produktion von 54 TWh zu erreichen, müssten mehr als 95 Prozent der Schweizer Gebäude mit einer Solaranlage ausgestattet sein.
Fast alle Gebäudebesitzer der Schweiz müssten also überzeugt oder verpflichtet werden, eine Solaranlage zu installieren. Und selbst wenn sie das wollten, dürfte der Heimatschutz oftmals im Wege stehen, wenn Ortsbilder in Gefahr sind. Privaten Solarprojekten steht er immer wieder im Weg.
Sonnenbrand aus den Alpen
Und selbst wenn die gesamte Fläche der Schweizer Dächer mit Panels zugepflastert wäre: «Das reicht nicht», sagt SP-Nationalrat Roger Nordmann (51). Hauptproblem ist der Winter. Bei Nebel und mit schrägem Sonneneinfallswinkel sind Solarpanels nämlich weniger ergiebig als im Sommer.
Solaranlagen in den Alpen haben dieses Problem nicht: In der Höhe hat es keinen Nebel und der Schnee reflektiert die Sonne – ergo mehr Strom, auch im Winter. «Das merken wir Menschen selbst. Beim Wandern oder Skifahren holt man sich viel schneller einen Sonnenbrand. Das Prinzip bei Solaranlagen ist das Gleiche», sagt Nordmann.
Dächer reichen nicht
Das Stromgesetz würde hier vorsorgen: Laut Nordmann würden zwar 90 Prozent des zusätzlichen Stroms von Solarpanels auf Dächern kommen. So sieht das Gesetz zum Beispiel eine Solarpflicht für Gebäude mit einer Fläche ab 300 Quadratmetern vor. Allerdings würden die Stromlücken im Winter mit Anlagen in den Alpen und auch Staudämmen und Windrädern gefüllt.
Wie Weber will also auch Nordmann Solarpanels auf Dächern und Fassaden zum Hauptpfeiler der Energiewende machen. Aber selbst wenn sämtliche Hausbesitzer zu Stromerzeugern würden: Alle Probleme löse das nicht.