Finanzloch bei der Armee
SP fordert Konsequenzen, Blocher sieht Problem ganz oben

Nach Bekanntwerden des Finanzlochs bei der Armee fordert die SP eine «lückenlose Aufklärung» und «volle Transparenz». Auch SVP-Doyen Blocher mischt sich in die Debatte ein.
Publiziert: 02.02.2024 um 16:43 Uhr
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Aktualisiert: 02.02.2024 um 18:32 Uhr
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Die SP will die Armeefinanzen durchleuchten lassen und fordert Transparenz, wie Vertreter der Partei am Freitag vor den Medien sagten.
Foto: keystone-sda.ch

Es fehlt über eine Milliarde Franken. Die Armee kann ihre Rechnungen nicht mehr zahlen, muss Zahlungen für neue Rüstungsbeschaffungen verschieben. Vereinzelt könnten Projekte sogar abgebrochen werden. Für Armeechef Thomas Süssli (57) «kein Drama», wie er am Donnerstag sagte. Fehler seien keine passiert. Und er versprach, die Finanzen wieder ins Lot zu bringen.

Herr Süssli, können Sie nicht rechnen?
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Armee-Chef im Interview:Herr Süssli, können Sie nicht rechnen?

Komplett anders sehen das die Sozialdemokraten. In einer Medienkonferenz forderten sie am Freitagnachmittag eine umfassende Aufklärung des «Skandals». Angesichts des strukturellen Milliardendefizits im Bundeshaushalt bis 2027 sieht die SP das Finanzloch bei der Armee als äusserst alarmierend an.

SP-Nationalrat Fabian Molina (33) äussert sich besorgt über das Ausmass. Er kritisierte die «desaströse Informationspolitik» des Verteidigungsdepartements (VBS). «Der jüngste Finanzskandal in der Armee ist in diesem Ausmass beispiellos.»

SP fordert gleich mehrere Untersuchungen

Armeechef Süssli habe einen «mehr als lockeren Umgang mit der Wahrheit», so Molina. Es sei ein «massives Missmanagement» durch den Armeestab erkennbar.

Molina forderte darum ein externes Audit, um die Finanzkompetenz der Armee zu überprüfen, sowie parlamentarische Untersuchungen durch die Geschäftsprüfungs- und Finanzkommissionen und die Eidgenössische Finanzkontrolle. «Wir müssen erfahren, wer wann was gewusst hat und auf welcher Grundlage die Verbindlichkeiten eingegangen wurden», sagte der Zürcher Nationalrat.

Offensichtlich habe das VBS weder Finanzen, Reporting noch Timing im Griff, kritisierten die Genossen. «Dieses Debakel darf nicht dazu führen, dass die Armee noch mehr Geld erhält», schob Samuel Bendahan (43), SP-Nationalrat und Co-Präsident der SP-Bundeshausfraktion, nach.

Die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss (35) forderte ebenfalls «volle Transparenz» durch die Armee. Es sei zwingend notwendig, dass mehr Licht ins Dunkel kommt. Es dürfe nicht sein, dass neues Geld für die Armee ausgegeben werde. Komme es doch so weit, solle dies zu keinerlei Sparmassnahmen in anderen Bereichen führen – bei den Renten, den Kita-Plätzen und der Energie.

SVP will rasch zusätzliche Gelder sprechen lassen

Ganz anders sieht das SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor (59). Er ärgert sich noch immer, dass das Parlament der Armee im letzten Dezember doch weniger Geld zugesprochen hat als ursprünglich vorgesehen und spricht von einem «katastrophalen Entscheid». Für die Frühlingssession hat er bereits einen Vorstoss vorbereitet. Die Erhöhung des Armeebudgets auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) soll doch bereits 2030 erreicht werden und nicht erst fünf Jahre später. Für die Armee geht es dabei um Milliarden.

Der Armee fehlen nach eigenen Angaben rund 11,7 Milliarden Franken. Erhält sie nicht mehr Geld, wird sie bis Ende Jahrzehnt jede Verteidigungsfähigkeit verloren haben, ist Addor überzeugt. So müssten etwa Artillerie und Luftverteidigungssysteme dringend erneuert werden. Jede Verzögerung mache die Schweiz zu einem «zweitrangigen Käufer». Die Herstellerländer würden andere bevorzugen. «Ohne schnell verfügbare Mittel wird die Schweiz ein Jahrzehnt warten müssen», befürchtet Addor.

Kommt hinzu: Mit den aktuellen Mitteln könne die Armee nur ein Drittel des Materials erneuern. Zwei Drittel der Einheiten müssten sich weitere 10 bis 20 Jahre mit veraltetem oder sogar gefährlichem Material begnügen.

«Kosten in der Bundesverwaltung anschauen»

Sogar alt Bundesrat Christoph Blocher (83) treibt das Finanzloch der Armee um. In seiner Sendung «Teleblocher» vom Freitag fährt er Armeechef Süssli an den Karren – und kritisiert, da sind sich er und Molina einig, dessen Auftritt vor den Medien. «Das ist keine Kommunikation», sagt Blocher. Süssli sei schliesslich Korpskommandant. «Der weiss doch, wie man führt. Oder hat es gelernt.»

Der SVP-Doyen sieht im Finanzloch allerdings nicht ein Riesenproblem. «Wegen diesen 1,5 Milliarden geht jetzt also der Bund nicht zugrunde. Sonst wäre er schon lange zugrunde gegangen. Er hat schon lange an vielen Orten kein Geld mehr», sagt Blocher. Vielmehr verortet er das Finanzproblem an einem anderen Ort. Nämlich beim VBS.

«Ich würde dort mal die Kosten anschauen. Der ganze Wasserkopf in der Administration und in der Bundesverwaltung. Dort drin hat es Speck, dass Gott erbarme.» Als ehemaliger Bundesrat habe er damals in seinem Justizdepartement die Kosten um rund ein Drittel gesenkt. Nur einen Fehler räumt er im Nachhinein ein: «Ich hätte das Sparziel höher ansetzen sollen.»

Und Blocher gibt Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) gleich noch einen Rat: Sie solle sich Klarheit über das Problem verschaffen. Vielleicht hat sie bereits das gleiche Managementbuch wie Blocher, denn sie hat bisher zum Thema geschwiegen – und den Armeechef vorgeschoben.

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