FDP-Ständerat Noser zum CO₂-Gesetz
«Wer an seine Kinder denkt, stimmt Ja»

Für den freisinnigen Zürcher Ständerat Ruedi Noser (60) steht ausser Frage, dass die Stimmenden am 13. Juni Ja zum CO₂-Gesetz sagen sollen. Schon, weil man nicht die späteren Generationen für heutige Fehler bezahlen lassen soll. Aber auch, weil sonst Verbote drohten.
Publiziert: 09.06.2021 um 18:54 Uhr
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Aktualisiert: 09.06.2021 um 21:10 Uhr
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Für das CO₂-Gesetz wird es knapp am Sonntag.
Foto: Keystone
Interview: Sermîn Faki

Blick: Herr Noser, das CO₂-Gesetz droht zu scheitern. Eigentlich seltsam, weil ausser der SVP alle Parteien dafür sind. Da müssten 70 Prozent Ja-Stimmen herauskommen. Woran liegt es?
Ruedi Noser: Drei Gründe: Die bürgerliche Kampagne kam nie recht in Schwung ...

... Ihre Partei hat da den Lead, also die Führung, bei der Kampagne.
Aufgrund von Corona waren klassische Anlässe nicht möglich. Wir mussten viel mehr Aufwand betreiben, um an die Wählerschaft zu kommen. So haben wir beispielsweise viel mehr über Social-Media-Kanäle mobilisiert. Auch die Mitte kämpft mit demselben Problem.

Grund Nummer 2?
Die NGOs haben mit der Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi), dem Kampf gegen das Jagdgesetz und den Pestizid-Initiativen viele bürgerliche Wähler vergrault – das rächt sich jetzt. Und drittens: Die Erdöl-Lobby hat massiv Geld in den Abstimmungskampf gebuttert – mehr als die NGOs in der Kovi-Kampagne. Kein Wunder: Die Erdölkonzerne haben ein riesiges Interesse daran, das CO₂-Gesetz in der Schweiz zu bodigen. Denn dann können sie in ganz Europa auf uns zeigen und sagen: Seht ihr, die Bevölkerung ist gegen Massnahmen gegen den Klimawandel.

Wenn es tatsächlich ein Nein gibt, was dann?
Dann kommen die Gegner auf die Welt! Denn wir werden ja eine neue Lösung finden müssen. Und diese, das kann ich Ihnen garantieren, wird von Links-Grün geprägt. Denn diese Kräfte sind bei den letzten Wahlen gestärkt worden. Statt Lenkungsabgaben wird es Verbote geben – für Ölheizungen und Benzin-Autos.

Das hat doch im Volk keine Chance!
Sind Sie sicher? Es gibt 150'000 Ölheizungen im Land, aber zwei Millionen Stimmbürger. Es wäre eine einfache Frage: Ja oder Nein. Wie der Atomausstieg gezeigt hat, ist die Bevölkerung dann nicht abgeneigt, Ja zu sagen. Als liberaler Geist gehen mir Verbote aber gegen den Strich. Darum setze ich mich für das sehr liberale CO₂-Gesetz ein, bei dem uns die Freiheit bleibt, einen Benziner zu fahren.

Aber für Halter von Autos mit Verbrennungsmotoren wird es teurer – das beschränkt die Freiheit schon.
Nur für jene, die weiter so leben wollen wie im Jahr 1990. Wer sich generationengerecht verhält – also dafür sorgt, dass seine Kinder und Enkel nicht unsere Probleme lösen müssen –, hat kein Problem. Wer auch nur ein wenig an seine Kinder denkt, stimmt Ja. Denn es geht nicht nur um den CO₂-Ausstoss. Auch die Luft wird sauberer. Es wird weniger Feinstaub geben und weniger Lärm. Auch für die Wirtschaft bietet das Gesetz viele Chancen. Beispielsweise beim Klimafonds.

Die Gegner warnen aber vor allem vor mehr Bürokratie.
Man kann schon sagen, der Fonds verletze die reine Lehre. Aber: US-Präsident Joe Biden hat gerade 250 Milliarden Dollar für Technologieförderung angekündigt, in Berlin kann Tesla gratis eine Fabrik hochziehen. Mit dem Klimafonds sorgen wir dafür, dass die Schweiz zumindest nicht abgehängt wird. Aus bürgerlicher Sicht muss man dem Gesetz unbedingt zustimmen – wir werden nichts Besseres bekommen.

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