Expertengruppe will bei Truppe Milliarden sparen
Schweizer Armee soll massiv bluten

Eine Expertenkommission prüfte die Bundesfinanzen auf Sparpotenzial. Sie schlägt nun vor, die Verteidigungsausgaben drastisch zu kürzen. Dies könnte massive Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit der Armee haben und sorgt für heftige politische Debatten.
Publiziert: 01.09.2024 um 11:06 Uhr
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Aktualisiert: 01.09.2024 um 11:31 Uhr
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Finanzexperten wollen bei der Armee Milliarden sparen.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Expertenkommission schlägt Kürzungen in Milliardenhöhe bei Verteidigungsausgaben vor
  • Verteidigungsausgaben sollen nur um 4,25 Prozent statt 6,14 Prozent steigen
  • Sicherheitspolitiker kritisieren die Sparvorschläge heftig
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Tobias OchsenbeinRedaktor Politik

Die Debatte um die Bundesfinanzen tritt in eine kritische Phase. Hinter verschlossenen Türen durchleuchtete eine Spartruppe den Bundeshaushalt. Bereits kommenden Mittwoch könnte die von Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60) eingesetzte Expertenkommission unter Leitung von Serge Gaillard (69), ehemaliger Chef der Finanzverwaltung, dem Bundesrat ihre Sparvorschläge präsentieren. Diese sind bisher geheim. Doch was die «NZZ am Sonntag» jetzt enthüllt, könnte ein politisches Beben auslösen: Die Armee soll massiv bluten.

Laut den Recherchen schlägt die Kommission vor, das Wachstum der Verteidigungsausgaben zu bremsen, was dem Bund Einsparungen von mehreren Hundert Millionen Franken pro Jahr bringen könnte. Statt der geplanten 6,14 Prozent sollen die Verteidigungsausgaben nur noch um 4,25 Prozent steigen. Was wie eine kleine Korrektur klingt, hätte massive Auswirkungen: Die Armee würde erst viel später wieder voll einsatzfähig sein. Vor allem bei den Bodentruppen würden die Lücken bestehen bleiben.

Sparvorschlag treibt Sicherheitspolitiker auf die Barrikade

Dieser Vorschlag ist umstritten. Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) will seit dem russischen Angriff auf die Ukraine die Armee stärken. Auch das Parlament hat beschlossen, das Verteidigungsbudget bis 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts zu erhöhen.

Die Experten unter Gaillard stellen diesen Beschluss nun grundsätzlich infrage und argumentieren, dass ein Angriff auf Schweizer Boden in absehbarer Zeit unwahrscheinlich sei. Sie empfehlen stattdessen, die Armee auf reale Bedrohungen wie Cyberangriffe und Luftangriffe auszurichten.

Eine Aussicht, die Sicherheitspolitiker auf die Barrikaden treibt. Etwa den Berner SVP-Ständerat Werner Salzmann (61). Dieser warnt, die Armee dürfe nicht erneut vernachlässigt werden. «Ich bin perplex, dass sich diese Sparkommission anmasst, politisch breit abgestützte Bedrohungsszenarien infrage zu stellen», sagt er der «NZZ am Sonntag». Auch die Aargauer Mitte-Ständerätin Marianne Binder (66) kritisiert: «Mit Sparbefehlen wehrt man keine feindlichen Raketen ab.»

Amherd bleibt ruhig

«Das sind Experten für Finanzen, nicht für Sicherheitsfragen. Dass diese Gruppe die Sicherheitslage besser einschätzen will als die Spezialisten, ist anmassend», sagt der Schwyzer FDP-Nationalrat Heinz Theiler (53). Bei der Schweizerischen Offiziersgesellschaft ist man ebenfalls alarmiert. «Die Armee wird stiefmütterlich behandelt», schimpft Präsident Dominik Knill (65) und fordert schnelles Handeln.

Doch nicht nur von rechts hagelt es Kritik. Auch die Linken mischen mit. Für SP und Grüne kommt die Sparidee wie gerufen. «Ein Krieg auf Schweizer Boden bleibt unrealistisch», sagt die Zürcher Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter (43). Die Gelder sollten besser in den Kampf gegen den Klimawandel oder Cyberangriffe fliessen.

Verteidigungsministerin Amherd hingegen bleibt ruhig. In einer Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission Mitte August habe sie durchblicken lassen, dass sie die Vorschläge der Sparkommission für völlig chancenlos halte und es kein einziger Sparvorschlag durch das Parlament schaffen werde. Die Fronten sind verhärtet, der Machtkampf um die Armeefinanzen wird mit harten Bandagen geführt.

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