Chaos um 10-Milliarden-Fonds für Armee
Amherd-Plan hintenrum abgeschossen

Viola Amherd will die Armee mit einem 10-Milliarden-Sonderfonds aufrüsten. Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats unterstützt den Plan, versenkt am Schluss aber den Zahlungsrahmen für die Armee.
Publiziert: 13.08.2024 um 16:45 Uhr
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Aktualisiert: 14.08.2024 um 07:53 Uhr
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Die Schweizer Armee braucht deutlich mehr Geld, um rasch wieder verteidigungsfähig zu werden.
Foto: Keystone

Von einem Chaos ist die Rede, von einem Ghetto oder Tohuwabohu. Die Armeefinanzen sorgen für ein Durcheinander– einmal mehr! Zuletzt am Dienstag in der Sitzung der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats.

Seit Monaten entwickeln Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Bundesbern kreative Vorschläge, um neue Finanzierungsquellen für die Erneuerung der Armee zu finden. Einige dieser Ideen sind bereits gescheitert, andere werden noch diskutiert.

Noch vor den Sommerferien hat Verteidigungsministerin Viola Amherd (62) einen Plan vorgelegt, mit dem die Armee viel schneller aufgerüstet werden soll: mit einem 10-Milliarden-Sonderfonds. Ihre Bundesratskollegen soll sie vorgängig nicht informiert haben, hiess es damals aus bundesratsnahen Kreisen.

Erst zugestimmt, dann abgeschossen

Doch nun kommt Amherds Spezialfonds doch noch aufs politische Parkett. Die Nationalratskommission hat einem Antrag von Mitte-Nationalrat Martin Candinas (43, GR) zugestimmt, der Amherds Idee wieder aufnimmt. Für die Armee soll ein Fonds von bis zu zehn Milliarden Franken geäufnet werden. Hauptsächlich über ein Darlehen des Finanzdepartements. Damit könnte das Armeebudget schon ab 2030 auf das anvisierte Ziel von 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) steigen statt erst 2035. Ab 2035 müsste die Armee dann das Darlehen bis 2045 aus ihrem ordentlichen Budget wieder abstottern.

Dieser Idee stand ein Antrag der nationalrätlichen Finanzkommission gegenüber, wonach die Armee zwar mehr Geld erhalten sollte. Im Gegenzug würde aber etwa auf Kosten der Entwicklungshilfe und der Kantone gespart. Der Candinas-Antrag obsiegte knapp – dank eines Stichentscheids von Kommissionspräsidentin Priska Seiler Graf (55, SP). 

Der Zahlungsrahmen der Armee für den Zeitraum 2025 bis 2028 würde so vorerst um vier Milliarden Franken auf 29,8 Milliarden Franken aufgestockt. Der restliche Zustupf flösse in den Jahren danach. Das links-grüne Lager will mit seinem zähneknirschenden Ja verhindern, dass die internationale Zusammenarbeit unter die Räder kommt.

Weiteres Chaos vorprogrammiert

Allerdings wurde in der Gesamtabstimmung der Zahlungsrahmen mit 15 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Und damit quasi auch der Spezialfonds wieder abgeschossen. Eine unheilige Allianz von SVP, Teilen der FDP, SP und Grünen war dagegen. 

Die SVP, weil sie grundsätzlich beim Bundesbudget sparen will und im Spezialfonds eine Aushebelung der Schuldenbremse sieht. Links-Grün, weil sie das Armeebudget generell nicht erhöhen will. Die SP hofft im Weiteren darauf, dass allenfalls der Ukraine-Armee-Deal noch einmal auflebt

Da die Fronten in der Frage der Armeefinanzierung ständig wechseln, geht die Kommission nun mit einem widersprüchlichen Resultat in den Nationalrat. Offiziell lautet der Antrag an die grosse Kammer auf Nichteintreten. 

Zum Ärger von Candinas. «Wir sind in einem Wettbewerb der Ideen und müssen auch eine Fondslösung diskutieren, denn reine Sparvorschläge haben zurzeit keine Mehrheiten und die Nachrüstung der Armee ist dringend», sagt der Bündner zu Blick. Dass die Armeebotschaft dann doch abgeschossen wurde, dies mit Unterstützung von rechts, nervt ihn. 

«Den Zahlungsrahmen der Armee abzuschiessen, ist politisch verantwortungslos, insbesondere in Zeiten von Krieg in Europa.» Es gehe doch um die Sicherheit unserer Bevölkerung. Und er warnt die Linke: «Wenn die Fondslösung nicht kommt, werden die Ausgaben für die Entwicklungshilfe massiv unter Druck kommen.»

Es ist denkbar, dass die grosse Kammer in der Herbstsession doch noch auf die Vorlage eintritt. Dann würde eine weitere Mammutdebatte mit unzähligen Anträgen anstehen. Weitere Chaostage im Parlament sind also vorprogrammiert.

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