Die Frauen sollen künftig länger arbeiten, finden zumindest die Männer. Gemäss der zweiten SRG-Trendumfrage will eine deutliche Mehrheit der Männer die AHV-Reform und damit das höhere Frauenrentenalter 65 annehmen. Umgekehrt lehnt eine Mehrheit der Frauen die Vorlage ab.
Unter dem Strich resultiert ein Ja von 59 Prozent. Die Männer werden die Frauen also überstimmen. Das lockt viele Frauen aus der Reserve, so auch die frühere Nationalratspräsidentin Chiara Simoneschi (76). Die Tessiner CVP-Frau sass zwölf Jahre in der grossen Kammer und präsidierte während zehn Jahren die Eidgenössische Kommission für Frauenfragen.
«Von faktischer Gleichstellung weit entfernt»
Seit ihrem Abgang aus Bundesbern 2011 hält sie sich mit politischen Statements zurück. Dass nun das Frauenrentenalter 65 an der Urne durchkommen könnte, treibt sie aber auf die Barrikaden. «Diese AHV-Reform ist ungerecht und unwürdig», sagt Simoneschi zu Blick.
Sie stört sich daran, dass im Namen der Gleichstellung die Rentensituation für Frauen verschlechtert werde. «Dabei sind wir von einer faktischen Gleichstellung weit entfernt. In vielen Bereichen werden Frauen noch immer diskriminiert», so die Tessinerin. «Erst recht Frauen mit Kindern.» Diese könnten häufig nur Teilzeit arbeiten, weil Betreuungsplätze fehlen würden.
Enttäuscht von den Mitte-Frauen
Benachteiligt würden die Frauen auch bei den Löhnen und in der zweiten Säule, moniert Simoneschi. «Das Resultat dieser Politik sieht man im Alter: Viele Frauen haben nur das AHV-Minimum und sind auf Ergänzungsleistungen angewiesen.»
Früher hätten die Mitte-Frauen dafür gekämpft, dass zuerst die faktische Gleichstellung erreicht werden müsse, bevor man über ein höheres Frauenrentenalter diskutiere. Dass dieser Grundsatz nun nicht mehr gilt, «hat mich enttäuscht».
Für die einst «höchste Schweizerin» ist deshalb klar, dass die AHV-Reform abgelehnt werden muss. «Wir Frauen müssen für jene Frauen einstehen, denen es nicht so gut geht.»