In Norditalien stehen 96 Panzer, die einst von der Schweiz gekauft wurden, aber nie ins Land kamen. 25 der ausrangierten Leopard 1 werden nun ein Fall für die Justiz.
Die deutsche Firma Global Logistics Support (GLS) hat sie 2019 von der Ruag zum Schnäppchenpreis von 12'500 Euro erworben, also 500 Euro pro Stück. Die Kettenfahrzeuge sind in einem Lager in Villesse in Norditalien eingemottet. Ausgeliefert wurden sie nie: «Corona hat 2020 alles erschwert», sagt GLS-Geschäftsführer Ralf Miethke (52) zu Blick. Auch habe es damals keine Interessenten gegeben. «Der Kaufvertrag sah eine kostenlose Lagerung der Panzer in Italien vor. Somit bestand für uns keine Notwendigkeit, Alarm zu schlagen.»
Der Panzer-Knatsch
Mit Putins Angriff auf die Ukraine vor einem Jahr hat sich diese Ausgangslage jedoch über Nacht geändert, die Nachfrage nach militärischen Gütern explodierte. Statt 500 Euro dürfte ein alter Leopard 1 nun zwischen 500'000 und einer Million Euro wert sein, rechnet Miethke vor.
Die Niederlande wollten der Ruag alle 96 Panzer in Norditalien abkaufen. Sie sollten vom Rüstungskonzern Rheinmetall überholt und dann der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Daraufhin wurde die GLS aktiv: «25 der insgesamt 96 Panzer gehören uns. Wir haben einen gültigen Kaufvertrag und gehen davon aus, dass die Ruag ein verlässlicher Geschäftspartner ist, der Verträge erfüllt», betont Miethke. «Die Ruag verhindert die Herausgabe unseres Eigentums in Italien.»
Landen Panzer in der Ukraine?
Doch die Ruag will davon nichts wissen. Inzwischen zoffen sich GLS und Ruag in Italien vor Gericht. Das «Tribunale Ordinario di Gorizia» gab der GLS am 7. Dezember 2023 recht. Die Ruag will das Urteil weiterziehen.
«Die Ruag versucht seit September 2023, die Übergabe der Panzer an uns zu verhindern», kritisiert Miethke. «Wir haben Frau Amherd zweimal angeschrieben, um eine schnelle Klärung der Sachlage zu erhalten. Bei ihrer ersten Antwort verwies sie uns auf die Zuständigkeit der Ruag. Auf unser zweites Schreiben vom 22. Dezember 2023 warten wir bis heute auf eine Antwort.»
Miethke schliesst nicht aus, dass die 25 Panzer in der Ukraine landen. Er ist der Ansicht: 2019 gab es noch keinen Krieg zwischen Moskau und Kiew. Damit fallen die 25 Leopards nicht unter das Schweizer Exportverbot. Auch hätten die Panzer nichts mehr mit der Schweiz zu tun, sondern seien auf italienischem Gebiet und in deutschem Besitz. Die Ruag will sich zum Rechtsstreit nicht äussern.
Ruag unter Beschuss
Schon länger steht der Rüstungskonzern unter Druck. Aktuell ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen einen ehemaligen Manager, parallel laufen zwei externe Untersuchungen. Letztes Jahr wurde Ruag-CEO Brigitte Beck geschasst.
Ihre Nachfolge soll inzwischen feststehen, der Name bald bekannt gegeben werden. Interims-CEO Christian Priller braucht sich keine Hoffnung auf den 600'000-Franken-Posten zu machen. «Als Deutscher scheiterte er an der Schweizer Hürde», sagt ein Insider.