Um 7:40 wurde die Täterin verhaftet
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Strafbefehl zeigt:Frau wollte Berset mit Fotos erpressen

Erpressungsfall um Alain Berset
Um 7:40 wurde die Täterin verhaftet

Die Bundesanwaltschaft hat eine Person wegen versuchter Erpressung verurteilt. Opfer: Der Gesundheitsminister. Sie besass Fotos, «Korrespondenz» – und wollte 100’000 Franken.
Publiziert: 22.11.2020 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2020 um 16:46 Uhr
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«Persönliche Korrespondenz» soll die versuchte Erpresserin besessen haben.
Foto: Keystone
Simon Marti und Reza Rafi

Am 21. November 2019 erhielt Bundesrat Alain Berset (48) ein in Englisch verfasstes ­privates E-Mail. Im Anhang sieben Dokumente – mehrere Fotos von Berset sowie persönliche Korrespondenz. Die Absenderschaft kommt zum Punkt: Der Magistrat habe 100000 Franken «ausstehende Schulden» zurückzuzahlen und einen Termin im Folgemonat für die Geldübergabe vorzuschlagen. Sollte der Freiburger Magistrat der Forderung nicht nachkommen, werde für ihn Unvorteilhaftes ­öffentlich gemacht. Am Folgetag wird der Druck erhöht: Dritte seien am Material interessiert.

Das Geschilderte ist der Beginn eines Erpressungsversuchs gegen den Gesundheitsminister, der gestern Samstag via Eilmeldung der «Weltwoche» publik geworden ist. Die genannten Details gehen aus dem Strafbefehl vom 14. September der Bundesanwaltschaft hervor, der SonntagsBlick vorliegt. ­Darin erklärt die Behörde, dass sie am 12. Dezember 2019 eine Strafanzeige von Berset wegen Verdacht auf Erpressung erhalten habe. Die Bundesanwaltschaft be­stätigt dies auf Nachfrage.

Für die Erpressungssumme extra Kontos eröffnet

Der Strafbefehl ist über weite Strecken geschwärzt, nicht einmal das Geschlecht der beschuldigten Person ist ersichtlich. Die «Welt­woche» schreibt von einer Frau als Täterin. Offen bleibt auch, in­wiefern Berset und die Person miteinander in Verbindung stehen oder gestanden haben. Für die geforderten 100000 Franken soll sie eigens zwei Konten eröffnet haben. Sie schrieb Berset ausserdem weitere Nachrichten, in denen sie drohte, im Falle einer Strafanzeige «Beweise offenlegen» oder «alles auf den Tisch legen» zu wollen.

Einen Tag, nachdem Berset bei der Bundesanwaltschaft Straf­anzeige erstattet hatte, am 13. Dezember 2019, klickten die Handschellen – um 7.40 Uhr wurde die Person verhaftet und blieb bis 15.30 Uhr in Gewahrsam.

Die Polizei stellte bei der Verhaftung eine Reihe von Geräten ­sicher: etwa ein MacBook Air und mehrere Samsung-Smartphones sowie ein Nokia-Handy.
Auf diesen Geräten wurde im ­Anschluss eine «Datenlöschung» vorgenommen – ein bemerkenswerter Vorgang. Die Bundes­anwaltschaft hält im Strafbefehl fest, dass «gewichtige Geheim­haltungsinteressen sowohl in persönlich-familiärer als auch in beruflicher Hinsicht ausgewiesen» seien. Und zwar «bei beiden Be­teiligten».

Bundesrat ist «nicht erpressbar»

Der Sprecher von Bersets Innendepartement, Peter Lauener, sagt auf Anfrage: «Bundesrat Alain ­Berset wurde Ende 2019 Opfer ­eines Erpressungsversuchs. Gegenstand waren unwahre und ehrverletzende Behauptungen einer Privatperson über sein Privatleben von vor acht Jahren.» Im Rahmen der Strafuntersuchung habe die Täterschaft ihre unwahren und ehrverletzenden Aussagen zurückgezogen. Das Verfahren endete mit einer rechtskräftigen Verurteilung per Strafbefehl zu einer Geldstrafe über 4500 Franken. Der Vollzug wurde aufgeschoben unter An­setzung einer Probezeit von zwei Jahren. Es gebe «keine verfäng­lichen Fotos und auch sonst keine ihn belastenden Informationen». Bundesrat Berset sei «nicht erpressbar». «Als Bundesrat ist er ­leider immer wieder Opfer von strafbaren Handlungen», erklärt Lauener weiter. Auch Patrik Eisenhut, Bersets privater Anwalt, der ihn in dieser Sache vertritt, betont: «Die beschuldigte Person hat ihre halt­losen und teilweise verleumde­rischen Behauptungen wider­rufen.»

Die falschen Anschuldigungen seien aber derart massiv formuliert, dass aus Gründen des Opferschutzes ein Teil des Strafbefehls geschwärzt worden sei. Mit dem Urteil schien für Berset der Spuk vorerst vorbei – und wurde vom Ausbruch der Corona-Pandemie verdrängt.
Tatsache ist, dass seit vergan­genem Dezember der Bundesrat insgesamt, Gesunheitsminister Berset aber im Speziellen, mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ­unter besonderem Druck steht. «Ich war im Frühling sehr wenig zu Hause. Wir haben mit der ganzen Equipe ständig nur gearbeitet – ­während Monaten», sagte der Innenminister letzthin.

Bei Berset gehen massive Morddrohungen ein

Die zusätzlich gesteigerte Ex­poniertheit des Sozialdemo­kraten schlägt sich offensichtlich in einer Zunahme an persönlichen Angriffen nieder. Der Fall der versuchten Erpressung sei für Alain Berset abgeschlossen, sagt sein Anwalt Eisenhut. «Ihn be­lastet eher, dass seit Ausbruch der Corona-Pandemie teils massive Morddrohungen gegen ihn ein­gehen.»

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